Einige Gedanken zum Weltmissionsauftrag und UBF
(vom Webdiener dieser Internetseiten, Juni 2001)

Der Weltmissionsauftrag

Jesus hat in der Zeit seines öffentlichen Wirkens hauptsächlich gepredigt, geheilt, gelehrt, Jünger berufen und sich um sie gekümmert. Es ist darum für einen Nachfolger Jesu klar, dass er auch das Evangelium lehren und die Menschen zu Jüngern Jesu machen soll. Jesus hat die Jünger gelehrt, die Menschen als „Schafe ohne Hirten“ (Mk 6,34) und ein „Erntefeld“ (Joh 4,35) zu sehen, und nannte die Jünger „Salz der Erde“ und „Licht der Welt“ (Mt 5,13.14). Auch das Alte Testament wies darauf hin, wie „lieblich die Füße der Freudenboten“ sind (Jes 52,7). Dennoch hielt Jesus es für nötig, in der Zeit zwischen seiner Auferstehung und seiner Himmelfahrt den Jüngern ausdrücklich den „Weltmissionsauftrag“ zu geben (Apg 1,2). Ich halte übrigens die Bezeichnung „Weltmissionsauftrag“ oder „(An)Weisung zur Weltmission“ für passender als die Bezeichnung „Weltmissionsbefehl“. Die Lutherübersetzung von 1984 hat in Apg 1,2 das Wort „Weisung“, in anderen Übersetzungen findet man aber auch „Anweisung(en)“ oder „Befehl“. Ausgesprochen wird der Weltmissionsauftrag in der Bibel am Ende der vier Evangelien und am Anfang der Apostelgeschichte (Mt 28,19.20; Mk 16,15.16; Lk 24,47-49; Joh 20,21-23; Apg 1,8). Ich werde im folgenden noch auf diese fünf Stellen im Einzelnen eingehen.

Die Bedeutsamkeit dieses Auftrags

Aus dem Gesagten wird bereits deutlich, dass der Weltmissionsauftrag für Jesu Nachfolger eine sehr hohe Bedeutung haben muss. Er steht wie ein großes Ausrufezeichen oder eine Vision am Ende der vier Evangelien (am Ende des letzten Evangeliums in Joh 21 ist auch die Anweisung an Petrus sehr bewegend). Alles, was in der Apostelgeschichte über den Anfang des Christentums berichtet wird, beruht ebenfalls auf dem Weltmissionsauftrag, und er wird auch dort am Anfang noch einmal ausdrücklich erwähnt. Dass „Weltmission“ Gottes Wille ist, wird nebenbei bemerkt auch aus vielen anderen Bibelstellen ersichtlich, wenn sie auch nicht so eindeutig sind wie der eigentliche Weltmissionsauftrag. Einige davon sind: 1.Mose 12,3; Jes 6,8; 49,6; 52,7; Ps 22,28; Joh 4,35; Röm 10,11-15; 15,8-12; 1.Tim 2,4; Offb 7,9.

Obwohl dieser Wille und Auftrag Gottes in der Bibel so klar ist, wird und wurde er dennoch eigenartigerweise von vielen Christen überlesen, ignoriert oder als eine nicht allgemeingültige Anweisung angesehen, als wäre sie nur für die damalige Zeit, nur für die Apostel oder nur für „besondere“ Christen („Missionare“) bedeutungsvoll. So habe ich mich z.B. darüber gewundert, dass in dem für die reformierten Kirchen bedeutenden „Heidelberger Katechismus“ mit seinen 129 Fragen zum christlichen Leben der Weltmissionsauftrag vollständig ignoriert wird. Mt 28,19 wird zwar mehrfach zitiert, aber immer nur im Zusammenhang mit der Lehre über die Taufe oder die Dreieinigkeit. Auch wenn man im Internet nach dem Begriff „Weltmissionsbefehl“ oder „Weltmissionsauftrag“ sucht, wird man enttäuscht. Es finden sich nur eine Handvoll Seiten, die dazu noch fast ausschließlich Predigten von UBF sind. Genauso ergeht es einem bei der Suche nach der wörtlichen englischen Übersetzung „World Mission Command“. Erst wenn man nach der außerhalb von UBF üblicheren englischen Bezeichnung „The Great Commission“ („der große Auftrag“) sucht, wird man durch Zehntausende von Treffern erfreut. Eins ist aber klar: Der Weltmissionsauftrag wird, vor allem bei uns in Deutschland, viel zu wenig ernst und wichtig genommen. Man muss es UBF zunächst einmal hoch anrechnen, dass hier der Weltmissionsauftrag so ernsthaft gelehrt und vor allem auch praktiziert wird. Es wird gesagt, dass die Studenten in den Anfangstagen der UBF, wenn sie beim Lesen der Evangelien am Ende auf den Weltmissionsauftrag stießen, immer ein wenig hilflos darüber nachdachten, wie sie als arme Einwohner eines Entwicklungslandes das „gehet hin in alle Welt“ umsetzen sollten. Später wurde der Weltmissionsauftrag das zentrale Element in der UBF. Inwieweit dies von den Gründern Sarah Barry und Samuel Lee, von den bibellesenden Studenten, oder von anderen Missionaren oder Kirchen in Korea in dieser Weise angestoßen wurde, lässt sich im Nachhinein kaum sagen. Zwar bedeutet der Weltmissionsauftrag nicht, dass nun jeder Christ „in alle Welt“ gehen soll. Aber doch sind viele, darunter auch ich, froh und dankbar, dass „Missionare“ von UBF zu uns kamen, uns zum Bibelstudium aufforderten und dadurch zum Glauben führten.

Soweit wäre alles in Ordnung. Aber inzwischen wurden sehr viele Probleme der UBF offenbar. Ich will daher untersuchen, inwieweit diese Probleme möglicherweise auch mit einem falschen Verständnis des Weltmissionsauftrags zu tun haben, wodurch er in UBF wiederum auch auf eine falsche Weise in die Praxis umgesetzt wurde. Insbesondere stelle ich folgende Fragen: Welchen Stellenwert muss man diesem Auftrag in der gesamten Lehre Jesu einräumen? Ist er wirklich das wichtigste Gebot Jesu (der „absolute Befehl“, als den ihn Peter Chang von UBF Bonn auf der Sommerkonferenz 2000 proklamierte), dem sich alles andere unterordnen muss? Haben wir diesen Auftrag überhaupt richtig verstanden? Ist unsere Umsetzung in die Praxis dem Willen Jesu gemäß? Bevor ich auf diese Fragen eingehe, möchte ich zunächst doch die Textstellen in der Bibel im Einzelnen betrachten.

Die Textstellen im Einzelnen

Das Matthäus-Evangelium endet mit dem Weltmissionsauftrag. Jesus nennt dort zunächst die Grundlage für diesen Auftrag: „Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden.“ Danach sagt er: „Darum gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker: Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe. Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende“ (Mt 28,19.20). Wir haben hier in der deutschen Übersetzung vier Imperative: „gehet hin“, „machet zu Jüngern“, „taufet sie“ und „lehret sie halten“. Der eigentliche Imperativ ist jedoch nur das „machet zu Jüngern“, die anderen drei sind im Griechischen eigentlich nur Partizipien: „hingehend“, “taufend“ und „lehrend“. Die Bedeutung ist also: „Macht alle Völker zu Jüngern, indem ihr 1. zu den Leuten hin geht, 2. sie tauft, wenn sie zum Glauben gekommen sind, und 3. sie danach weiter lehrt, alle Gebote Jesu zu halten.“ In drei Punkten werden wesentliche Schritte des „Jüngermachens“ genannt. Die Taufe kannten die Jünger im Prinzip von Johannes dem Täufer und sie wussten auch, was der Taufe vorangeht: Die Predigt der Buße. Nach Jesu Auferstehung konnten sie diese Predigt aber auch mit einer vollmächtigen Predigt der Vergebung der Sünden verbinden, d.h. das Evangelium (die „frohe Botschaft“) verkündigen, und auch auf den Namen des Sohnes und des Heiligen Geistes taufen. Besonders wird betont, dass die Getauften gelehrt werden sollten, alles, was Jesus den Aposteln befohlen hatte, auch ihrerseits zu halten. Sie sollten genauso zu entschiedenen und konsequenten Jüngern Jesu werden, wie es die zwölf Apostel waren. Insbesondere sollten sie auch ihrerseits den Weltmissionsauftrag wahrnehmen. Was war eigentlich „alles, was Jesus den Aposteln befohlen hatte“? Dies klingt nach einer umfangreichen Liste von Befehlen, die auswendig gelernt und genauestens befolgt werden muss, ganz ähnlich wie es die Juden mit dem Gesetz des Mose taten. Doch Jesu Gebot lässt sich sehr einfach auf den Punkt bringen: „Und das ist sein Gebot, dass wir glauben an den Namen seines Sohnes Jesus Christus und lieben uns untereinander, wie er uns das Gebot gegeben hat“ (1.Joh 3,23). Oder mit Jesu eigenen Worten: “Das gebiete ich euch, dass ihr euch untereinander liebt“ (Joh 15,17). Jesu Gebote sind auch nicht so schwer einzuhalten wie das Gesetz des Mose, sondern „seine Gebote sind nicht schwer“ (1.Joh 5,3b), oder wieder mit Jesu Worten: „Mein Joch ist sanft, und meine Last ist leicht“(Mt 11,30). Es ist auch wichtig zu erkennen, dass Jesus die Jünger nur beauftragt hat, das zu lehren, was er ihnen selbst befohlen hat. Sie sollten keine zusätzlichen Befehle und Gebote erfinden und ihnen auferlegen. Unnötige Lasten aufzuerlegen war nicht Jesu Wille, als er den Weltmissionsauftrag gab. Die Apostel kamen später selbst auch zu der Erkenntnis: „Denn es gefällt dem Heiligen Geist und uns, euch weiter keine Last aufzuerlegen als nur diese notwendigen Dinge“ (Apg 15,28). Jesus hatte schon bei den Pharisäern kritisiert: „Sie binden schwere und unerträgliche Bürden und legen sie den Menschen auf die Schultern; aber sie selbst wollen keinen Finger dafür krümmen“ (Mt 23,4). So war es sicherlich nicht in seinem Sinne, durch dieses „Gebote halten“ den Menschen, die zu Jüngern gemacht wurden, das Leben schwer zu machen. Es geschah dennoch schon in den ersten Gemeinden, dass die Neubekehrten nicht nur gelehrt wurden, das zu Halten, was Jesus befohlen hatte, sondern darüber hinaus weitere Gebote und Satzungen. In den Briefen wird dies immer wieder erwähnt: „Denn es hatten sich einige falsche Brüder mit eingedrängt und neben eingeschlichen, um unsere Freiheit auszukundschaften, die wir in Christus Jesus haben, und uns zu knechten“ (Gal 2,4). „Wenn ihr nun mit Christus den Mächten der Welt gestorben seid, was lasst ihr euch dann Satzungen auferlegen, als lebtet ihr noch in der Welt?“ (Kol 2,20). Das letzte Wort, das Matthäus berichtet, war das wunderbare Versprechen Jesu: „Uns siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende“. Jesus will immer mit denen sein, die seinen Weltmissionsauftrag befolgen. Jesus sandte den Heiligen Geist als Beistand und seinen „Stellvertreter“ (Mt 3,11 usw.). Röm 8,9 betont, dass Christi Geist in jedem Christen wohnen muss. Jesus will bei jedem einzelnen „Jüngermacher“ sein. Es ist auch niemand anderes als „Stellvertreter Christi“ nötig, als der Heilige Geist. Die Wörter „alle Völker“ und „bis an der Welt Ende“ zeigen den universellen Rahmen des Weltmissionsauftrags. Insbesondere zeigen sie, dass er für uns in Deutschland 2000 Jahre später genauso gilt.

Interessanterweise nennt der Weltmissionsauftrag im Markus-Evangelium besonders den Punkt, der im Matthäus-Evangelium weggelassen wurde, die Predigt: „Und er sprach zu ihnen: Gehet hin in alle Welt und predigt das Evangelium aller Kreatur. Wer da glaubt und getauft wird, der wird selig werden; wer aber nicht glaubt, der wird verdammt werden“ (Mk 16,15.16). Hier steht das Wort „Evangelium“ im Zentrum. Statt „alle Völker“ heißt es „alle Kreatur in aller Welt“. Deutlicher kann man nicht sagen, dass das Evangelium wirklich jedem gepredigt werden soll. Es wird auch darauf hingewiesen, dass die Predigt bei den Zuhörern eine Spaltung hervorrufen wird, in diejenigen, die glauben, und diejenigen, die nicht glauben. Diejenigen, die glauben, sollen getauft und, wie Mt 28,20 sagt, weiter unterwiesen werden. Es wird auch gesagt, welch großen Unterschied es macht, das Evangelium zu glauben oder nicht zu glauben: Diejenigen, die glauben, werden selig werden, die anderen werden verdammt werden. Das verdeutlicht noch einmal, wie wichtig die Predigt ist und welch hohe Verantwortung und Aufgabe wir dabei haben: Es geht nicht nur darum, dass die Menschen zu Jüngern Jesu gemacht werden, sondern es geht um ihre ewige Seligkeit oder Verdammnis! Daran muss ich mich auch immer wieder erinnern, wenn ich über Weltmission nachdenke.

Auch das Lukas-Evangelium betont die Predigt: „… und dass gepredigt wird in seinem Namen Buße zur Vergebung der Sünden unter allen Völkern. Fangt an in Jerusalem, und seid dafür Zeugen. Und siehe, ich will auf euch herabsenden, was mein Vater verheißen hat. Ihr aber sollt in der Stadt bleiben, bis ihr ausgerüstet werdet mit Kraft aus der Höhe“ (Lk 24,47-49). Hier werden auch die zwei wesentlichen Bestandteile der Predigt genannt: Erstens sollen die Zuhörer zur Buße für ihre Sünden aufgefordert werden, und zweitens soll ihnen die Vergebung der Sünden durch Jesu stellvertretenden Tod (siehe Vers 46 vorher) zugesprochen werden. Die Worte „Fangt an in Jerusalem“ zeigen, dass der Weltmissionsauftrag nicht etwas abstraktes ist, sondern ganz konkret durchgeführt werden kann, indem man an dem Ort, an dem man sich befindet, damit anfängt. Zwei neue Aspekte werden hier noch genannt: Erstens: Die Jünger sollten als Zeugen für Jesu Leiden, Tod und Auferstehung und für alles, was sie mit ihm erlebt hatten, auftreten. Auch wir heute können durch unser verändertes Leben die Macht Jesu bezeugen. Zweitens: Die Jünger sollten warten, bis sie „mit Kraft aus der Höhe ausgerüstet werden“. Hiermit ist natürlich der Heilige Geist gemeint. Sie sollten nicht aus eigener Kraft anfangen, sondern warten, bis der Heilige Geist kommen würde (was an Pfingsten geschah). Dies wird auch in Apg 1,4.5 besonders betont, und in der Apostelgeschichte findet man, dass die Apostel immer wieder gebetet und gefastet hatten, bis der Heilige Geist kam und sie aussandte (z.B. Apg 13,2.4). Der Heilige Geist gab ihnen Orientierung, wer wann wohin gehen sollte. Ohne den Heiligen Geist wollten sie nicht losziehen. Das Werk der Weltmission ist letztendlich nicht das Werk der Menschen, sondern das des Heiligen Geistes.

Auch das Johannes-Evangelium betont die Wichtigkeit des Heiligen Geistes im Zusammenhang mit der Weltmission: „Da sprach Jesus abermals zu ihnen: Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. Und als er das gesagt hatte, blies er sie an und spricht zu ihnen: Nehmt hin den Heiligen Geist! Welchen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen; und welchen ihr sie behaltet, denen sind sie behalten“ (Joh 20,21-23). Hier wird wieder deutlich, dass für die Mission (Sendung) der Heilige Geist als wesentliche Ausrüstung nötig ist. Außerdem wird wieder die Bedeutung der Predigt und ihre hohe Verantwortung und Vollmacht dabei betont, wenn sie über den Weg zur Vergebung der Sünden predigten.

Auch die Apostelgeschichte betont die Wichtigkeit des Heiligen Geistes und den Aspekt, dass die Jünger Zeugen Jesu sein sollten: „aber ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der auf euch kommen wird, und werdet meine Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien und bis an das Ende der Erde“ (Apg 1,8). Außerdem erkennt man, dass die Weltmission in „konzentrischen Kreisen“ ausgebreitet werden soll, wie die Wellen, die von einem ins Wasser fallenden Stein ausgelöst werden.

Zusammengefasst: Der Weltmissionsauftrag soll von Jesu Jüngern befolgt werden, indem sie aktiv werden, das Evangelium predigen, Zeugnis von Jesus geben, taufen und Jesu Gebot lehren. Alle Menschen auf der ganzen Welt ohne Unterschied sollen auf diese Weise angesprochen werden. Befähigt werden die Jünger für all dies durch den Heiligen Geist, und der Heilige Geist ist es auch, der die Zuhörer letztendlich bekehrt und ihnen die Augen für das Evangelium öffnet (Joh 16,8). Jesu Jüngern „machen“ auf diese Weise neue Jünger Jesu, die den Auftrag ebenso befolgen sollen. Sie werden erfolgreich sein, weil Jesus Christus, ihrem Auftraggeber, alle Gewalt im Himmel und auf Erden gegeben ist und er alle Tage bis ans Ende der Welt bei ihnen sein will.

Kritik am Weltmissions-Verständnis bei der UBF

Meine Kritik am Verständnis und Praxis des Weltmissionsauftrags in der UBF möchte ich in den folgenden sechs Punkten zusammenfassen:

1. Zu hoher Stellenwert der Mission als „absoluter Befehl“

Der Weltmissionsauftrag ist ein eindringlicher Wille Jesu für seine Nachfolger mit testamentarischem Charakter. Gottes Wille ist es, dass alle Menschen errettet werden, und er möchte die Jünger als seine Werkzeuge dafür benutzen, das Evangelium der Errettung zu verkünden. In UBF wird gelehrt, dass der Weltmissionsauftrag der „absolute Befehl“ Gottes für uns ist, dem wir mit höchster Priorität dienen müssen, und dem sich alles andere in unserem Leben unterordnen muss. Zugespitzt gesagt: Er muss wie ein oberster militärischer Einsatzbefehl von den „Soldaten“ Christi befolgt werden, wobei sie, wie es im Krieg der Fall ist, auch gegen Moral, Ethik und Menschlichkeit verstoßen können, Hauptsache das Ziel wird erreicht. Letztendlich heiligt dabei der Zweck die Mittel. Aufgrund dieser Denkweise wird es auch als erforderlich angesehen, die Mitarbeiter in eine Art militärische Befehlshierarchie einzubinden und wie Soldaten zu blindem Gehorsam zu „trainieren“.

Die Bibel zeigt mir jedoch ganz klar, dass nicht der Weltmissionsauftrag das höchste Gebot Jesu ist, sondern das Gebot der Liebe. In Mk 12,29-31 steht: „Jesus aber antwortete ihm: Das höchste Gebot ist das: »Höre, Israel, der Herr, unser Gott, ist der Herr allein, und du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von ganzem Gemüt und von allen deinen Kräften«. Das andre ist dies: »Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst«. Es ist kein anderes Gebot größer als diese.“ Und Joh 15,12 ergänzt: „Das ist mein Gebot, dass ihr euch untereinander liebt, wie ich euch liebe.“ Auch 1.Kor 13,1 sagt: „Wenn ich mit Menschen- und mit Engelzungen redete und hätte die Liebe nicht, so wäre ich ein tönendes Erz oder eine klingende Schelle.“Sicherlich leitet sich der Weltmissionsauftrag auch vom Gebot der Liebe ab, aber er ist als abgeleitetes Gebot natürlich diesem untergeordnet.

Wenn das UBF-Verständnis vom Stellenwert des Weltmissionsbefehls richtig wäre, sollte man auch erwarten, dass in den Briefen immer wieder als erstes ermahnt wird, den Weltmissionsbefehl zu befolgen. Tatsächlich wird der Weltmissionsbefehl Jesu aber in keinem Brief der Bibel erwähnt. Es wird in den Briefen überhaupt nicht einmal dazu aufgefordert, zu „missionieren“. Ich finde dies sehr erstaunlich, zumal der wichtigste Briefschreiber, Paulus, selbst ein großer Missionar war, und auch die anderen den Weltmissionsauftrag selbst angenommen hatten. Andere Themen werden in allen Briefen viel wichtiger genommen, nämlich die Liebe, der Glaube, das Leben in der Wahrheit, die Freiheit vom Gesetz, die Warnung vor der Sünde, aber auch vor Irrlehrern und falschen Leitern, die Ermahnung zum Gebet usw.

Als „Frucht des Geistes“ werden in Gal 5,22 nur genannt: „Liebe, Freude, Friede, Geduld, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut, Keuschheit.“ In UBF werden diese aber als „innere“ Früchte gering geachtet gegenüber den sogenannten „äußeren“ Früchten, den „gemachten Jüngern“. Wenn Jesus in Joh 15,16 den Jüngern sagt, dass sie bestimmt sind, „hinzugehen und bleibende Früchte zu bringen“, dann wird dies automatisch auf „gewonnene Jünger“ bezogen, und nicht auf die „Liebe“, die auch in Gal 5,22 als wichtigste Frucht genannt ist. Dabei wird der genannte Vers Joh 15,16 doch von Jesu Gebot der Liebe regelrecht „umrahmt“!

Der oberste Leiter der UBF, Samuel Lee, lehrt im Grunde, dass zur Befolgung des Weltmissionsbefehls die weltliche Moral und Ethik „überwunden“ werden muss, genauso wie man im Krieg auch schon mal unschuldige Leute erschießen muss, um den Sieg für sein Land zu erzielen. Das ist eine schreckliche Lehre. Es ist wahr, dass ein christliches Leben aus mehr als Moral und Ethik besteht – aber eben nicht aus weniger! So muss auch der Weltmissionsauftrag auf dem eigentlichen Gebot Jesu aufbauen, und nicht über ihm stehen. Es wird Jesus nicht begeistern, wenn der Weltmissionsauftrag „falsch“ befolgt wird, auch wenn es mit viel Eifer geschieht. In Mt 23,15 klagt Jesus: „Weh euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr Heuchler, die ihr Land und Meer durchzieht, damit ihr einen Judengenossen gewinnt; und wenn er’s geworden ist, macht ihr aus ihm ein Kind der Hölle, doppelt so schlimm wie ihr.“

Ich will damit nicht sagen, dass man den Weltmissionsauftrag als unwichtig ansehen soll. Aber wir sollen eben alles halten, was Jesus befohlen hat, nicht allein den Weltmissionsauftrag. Es ist gut, wenn der Auftrag weiter mit hohem Einsatz und Hingabe ausgeführt wird. Aber darüber darf das Wichtigste im christlichen Leben nicht vernachlässigt werden. Es geht darum, wieder die richtigen Prioritäten zu setzen. Jesus klagte in Mt 23,23 auch: „Weh euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr Heuchler, die ihr den Zehnten gebt von Minze, Dill und Kümmel und lasst das Wichtigste im Gesetz beiseite, nämlich das Recht, die Barmherzigkeit und den Glauben! Doch dies sollte man tun und jenes nicht lassen.“

In UBF wird der Weltmissionsauftrag nicht nur als höchster Befehl Gottes, sondern auch als höchster Sinn für unser Leben angesehen, sozusagen als unsere einzige Daseinsberechtigung und unser einziger Lebensinhalt. Er wird oft mit Gottes Befehl in 1.Mose 1,28 gleichgesetzt (der eigentlich auch weniger ein Befehl ist als vielmehr ein „Segenswort“): „Und Gott segnete sie und sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde und machet sie euch untertan und herrschet über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über das Vieh und über alles Getier, das auf Erden kriecht.“ Das „fruchtbar sein“ wird dabei als „fruchtbar sein als Jüngererzieher“ verstanden, was gut dazu passt, dass in UBF die „Frucht“ eines Menschen hauptsächlich als die Jünger, die er in seinem Leben erzogen hat, verstanden wird. Diese Denkweise halte ich ebenfalls für problematisch; auch in dieser Hinsicht wird dem Weltmissionsauftrag ein zu hoher Stellenwert gegeben. Der Sinn unseres Lebens ist einfach der, dass wir damit Gott ehren und ihn erfreuen können, und dass wir einfach selbst in der engen Liebesbeziehung mit ihm zusammen mit unseren Geschwistern in Jesus leben können. Wer kann aber den „Sinn“ einer Liebesbeziehung ergründen? Daher war 1.Mose 1,28 genauso wenig der ultimative Sinn für das Leben von Adam und Eva, wie es der Weltmissionsbefehl für uns heute sein kann. Beide sprechen nämlich nicht über die Beziehung zwischen Gott, dem Schöpfer und Vater, und dem Geschöpf, dem Menschen persönlich, dem dieser „Befehl“ jeweils gilt. Diese Beziehung ist aber das wichtigste.

2. Vernachlässigung des Heiligen Geistes

Aus der Betrachtung der Textstellen wurde schon die Bedeutung des Heiligen Geistes für die Weltmission klar erkennbar. Auch wenn man die Apostelgeschichte liest, wird man immer wieder darauf hingewiesen, dass der Heilige Geist darin die Hauptrolle spielte. Die Jünger predigten nicht, weil sie es als einen „Befehl“ ansahen, sondern weil sie vom Heiligen Geist erfüllt waren (Apg 2,4; 4,31; 6,10; 18,25). Die Zuhörer wurden gläubig, weil sie auch vom Heiligen Geist überwältigt wurden (Apg 10,44). Der Heilige Geist sonderte Jünger für spezielle Aufgaben aus (Apg 13,2), er sandte sie aus (Apg 13,4), sagte ihnen wohin sie gehen sollten (Apg 19,21) und wohin nicht (Apg 16,6.7), manchmal sogar zum wem (Apg 8,29; 10,19); durch ihn wurden Jünger in Ämter eingesetzt (Apg 20,28), er half ihnen bei schwierigen Entscheidungen (Apg 15,28), er bestätigte ihren Dienst (Apg 20,23), durch ihn wurde auch geweissagt (Apg 11,28) und in Zungen geredet (Apg 19,6), er erfüllte ganz einfach ihre Herzen (Apg 13,52). Kurz gesagt war die Weltmission in allen Bereichen das Werk des Heiligen Geistes. Es geschah nicht durch ausgeklügelte Methoden und auch nicht allein durch den Eifer der Jünger. Entscheidend war lediglich die Bereitschaft und der Gehorsam der Jünger gegenüber Gott (Apg 5,32), um den Heiligen Geist zu empfangen.

In UBF wird dagegen die Rolle des Heiligen Geistes nicht hoch genug geachtet. In einer hierarchisch geordneten Befehlsstruktur wird auch kein Heiliger Geist mehr benötigt: Jeder gehorcht einfach seinem Leiter. Wenn man einen Leiter hat, braucht man keine Orientierung selber zu finden, keine Entscheidungen selber zu treffen und keine Verantwortung zu übernehmen. Fast alles ist vorgegeben. Deswegen braucht man auch keinen Heiligen Geist. Auch das starre Schema der UBF dämpft den Heiligen Geist. „Erprobte“ Methoden, fleißige Routine, Training, ein starres Programm, lange vorbereitete und abgelesene Predigten und die Anweisungen der Leiter ersetzen die Leitung und das erfüllt sein durch den Heiligen Geistes.

3. Es wird mehr gelehrt zu halten, als Jesus befohlen hat

In Mt 28,20a sagte Jesus: „Lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe.“ Wie gesagt ist damit hauptsächlich Jesu Gebot der Liebe gemeint, aber auch der Weltmissionsauftrag. In UBF wird dieses „Lehren“ nicht nur überbetont, sondern es wird auch mehr gelehrt, zu halten, als das, was Jesus befohlen hat. Es ist sicherlich gut, regelmäßig die Bibel zu lesen. Aber Jesus hat nicht befohlen, dass wir dies einmal pro Woche, mit einem vorbereiteten Fragenbogen, mindestens eine Stunde lang und immer mit dem gleichen „Hirten“ als unserem Bibellehrer tun müssen. Dies ist nichts anderes als eine Satzung, die UBF erfunden und seinen Mitgliedern auferlegt hat. Genauso ist es mit dem wöchentlichen Schreiben und Vortragen der „Stellungnahme“. Hierzu gehört auch, dass ein UBF-Mitglied niemals den UBF-Sonntagsgottesdienst oder „obligatorische“ UBF-Versammlungen versäumen darf, auch nicht, wenn man stattdessen woanders zum Gottesdienst geht oder andere triftige Gründe hat, z.B. einen kranken Menschen pflegen möchte. Kol 2,20 sagt: „Wenn ihr nun mit Christus den Mächten der Welt gestorben seid, was lasst ihr euch dann Satzungen auferlegen, als lebtet ihr noch in der Welt?“ In UBF wird eindeutig gelehrt, gewisse Dinge zu halten, die nicht einmal biblisch sind (z.B. die erwähnte „Stellungnahme“), weit über das hinaus, was Jesus seinen Jüngern befohlen hat zu halten. Apostel Paulus warnte in dieser Hinsicht: „Nicht über das hinaus, was geschrieben steht!, damit sich keiner für den einen gegen den andern aufblase“(1.Kor 4,6b). Es sei angemerkt, dass neben den erwähnten Satzungen den Mitgliedern von UBF noch vieles weitere vorgeschrieben wird, das eine persönliche Entscheidung des Einzelnen sein sollte, z.B. an welchem Ort er oder sie wohnen soll und wen und wann er oder sie heiraten oder auch nicht heiraten soll.

Überhaupt ist es sehr problematisch, dass sich jeder Mitarbeiter in UBF als „Bibellehrer“ identifizieren muss und beim Bibelstudium gegenüber anderen (außer gegenüber seinem eigenen Bibellehrer) seine Autorität als „Lehrer“ ausüben muss. „Lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe“ ist sicherlich nicht so gemeint. Jesus selbst wies auf diese Problematik hin: „Und ihr sollt euch nicht Lehrer nennen lassen; denn einer ist euer Lehrer: Christus“ (Mt 23,10). Dieses Wort Jesu wird in UBF überhaupt nicht ernst genommen. Auch Jakobus warnt uns: „Liebe Brüder, nicht jeder von euch soll ein Lehrer werden; und wisst, dass wir ein desto strengeres Urteil empfangen werden“ (Jak 3,1). Paulus fragt die Gemeindeglieder rhetorisch: „Sind alle Lehrer?“ (1.Kor 12,29).

Als „Bibellehrer“ dürfen wir uns keineswegs für „Lehrer der Unmündigen“ (Röm 2,20) halten. Unsere „Bibelschüler“ sind, nachdem sie zum Glauben gekommen und wiedergeboren sind, mündige Bürger im Reich Gottes. Wir können ihnen empfehlen, auf bestimmte Weise ihr Glaubensleben zu führen, von unseren Erfahrungen (was uns half und was uns nicht half) berichten, sie ermutigen, sie ermahnen, aber wir sollen ihnen nicht unnötige Lasten auferlegen, die ihnen im Endeffekt nicht einmal helfen, sondern sie nur müde machen. In Apg 15,8-10 sagt Petrus: „Gott, der die Herzen kennt, hat es bezeugt und ihnen den Heiligen Geist gegeben wie auch uns, und er hat keinen Unterschied gemacht zwischen uns und ihnen, nachdem er ihre Herzen gereinigt hatte durch den Glauben. Warum versucht ihr denn nun Gott dadurch, dass ihr ein Joch auf den Nacken der Jünger legt, das weder unsre Väter noch wir haben tragen können?“ Wir sollen die „Bibelschüler“ zur Mündigkeit und Selbständigkeit führen und nicht ewig ihre „Bibellehrer“ bleiben, die ihnen ständig Anweisung geben.

4. Das Problem der „Jüngererziehung“

UBF begnügt sich nicht damit zu „lehren“, sondern geht noch einen Schritt weiter, zum „erziehen“. In der Tat wird in UBF „Weltmission“ mit „Jüngererziehung“ (einem typischen UBF-Schlagwort) gleichgesetzt. Dies ist ein sehr problematischer Punkt, den man als einen der Hauptkritikpunkte nennen muss. Wie synonym diese Begriffe in UBF gehandhabt werden, zeigt z.B. das „Tägliche Brot“ der UBF vom 16.4.2001 mit dem Weltmissionsbefehl aus dem Matthäus-Evangelium als Leitvers. Es wird da noch ganz richtig zitiert: „Ihre Aufgabe war es, alle Völker zu Jüngern Jesu zu machen und sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes zu taufen.“ Dann kommt das „Tägliche Brot“ aber ganz unvermittelt zu dem Schluss: „Alle Christen sollen Jüngererzieher sein.“ Während die Bibel davon sprach, Jünger zu „machen“, und zwar „hingehend“, „taufend“ und „lehrend“, liest das „Tägliche Brot“ dies durch die „UBF-Brille“ automatisch als Jünger „erziehen“. Dies wird dann auch im Gebet wiederholt: „Herr, ich will deinem Befehl gehorchen und ein Jüngererzieher sein.“

Ich muss hier einmal klar darauf hinweisen, welch bedeutenden Unterschied es zwischen „lehren“ und „erziehen“, und damit zwischen einem „Lehrer“ und einem „Erzieher“ gibt. „Erzieher“ sind hauptsächlich die Eltern. Allenfalls wird noch eine gewisse Erziehung im Kindergarten geduldet, aber es wird schon problematisch, wenn sich Grundschullehrer in die Erziehung einmischen. Absurd wird es schließlich bei erwachsenen Menschen. „Lehre“ und „intensive Betreuung“ ist etwas anderes als „Erziehung“. Kein Doktorand würde von seinem Doktorvater sagen, dass er sein „Erzieher“ sei, selbst wenn er sich völlig als dessen „Schüler“ („Jünger“) identifizieren kann. Erzieher müssen eine besondere Autorität für die Erziehung haben. Ich darf und soll beispielsweise mein eigenes Kind (bis zu einem gewissen Alter) erziehen. Aber ich darf nicht das Kind von meinem Nachbarn erziehen, selbst wenn ich das besser könnte, außer wenn er mich dazu besonders ermächtigt hätte, oder beispielsweise ein befugtes Gericht mich aus irgendeinem Grund als Vormund eingesetzt hätte. Um das „Erziehungsprogramm“ durchführen zu können, hat UBF künstliche Autoritätsstrukturen geschaffen (was in UBF die „geistliche Ordnung“ genannt wird), die ständig durch Gehorsam gegenüber diesen Autoritäten eingefordert werden, um sie aufrecht zu erhalten. Dies alles ist ebenfalls grundsätzlich nicht biblisch (Mt 23,8; Mk 10,42.43 u.v.a.m.) und hat in vielen Fällen zu erheblichen Problemen durch Autoritätsmissbrauch geführt, was beim sündigen herrschen wollenden Charakter der Menschen vorhersagbar ist. Dies ist aber ein eigenes Thema und muss an anderer Stelle ausführlich untersucht werden.

Der Sprung von einem, der „lehrt, alles zu halten, was Jesus befohlen hat“ (Mt 28,20) zu einem „Erzieher der Unverständigen“, einem „Lehrer der Unmündigen “ (Röm 2,20), scheint für UBF-gewöhnte Mitarbeiter klein zu sein. Er fällt ihnen im „Täglichen Brot“ oder in Predigten kaum noch auf. Doch weder in den fünf zitierten Bibelstellen mit dem Weltmissionsauftrag noch sonst irgendwo sagt die Bibel, dass wir „Jüngererzieher“ sein sollen. Es ist einer der typischen UBF-Begriffe, die es in der Bibel überhaupt nicht gibt. Das Wort „Erzieher“ kommt in der Bibel (ich habe in der Lutherbibel 1984 gesucht) nur in Röm 2,20 und in 1.Kor 4,15 (als „paidagogos“, was eigentlich kein „Erzieher“ in unserem Sinne ist) vor, beide Male aber eher in negativem Sinne. Das Substantiv „Erziehung“ kommt in der Bibel überhaupt nur drei Mal vor: In 5.Mose 11,2 und Hebr 12,5.7 als „Erziehung durch den Herrn“, und in 2.Tim 3,16 als „Erziehung zur Gerechtigkeit durch die Schrift“. Das Verb „erziehen“ kommt in der Bibel außer im Zusammenhang mit der schulischen Ausbildung (2.Kön 10,6; Dan 1,5; Apg 13,1) im Alten Testament nur ein paar Mal in Verbindung mit dem Volk Israel vor, das von Gott erzogen wurde, im Neuen Testament aber nur in Eph 6,4 beim Thema Kindererziehung! In 5.Mose 8,5 werden die beiden wichtigen biblisch fundierten Arten von echter Erziehung zusammen aufgeführt: „So erkennst du ja in deinem Herzen, daß der Herr, dein Gott, dich erzogen hat, wie ein Mann seinen Sohn erzieht.“ Dass Christen „Jüngererzieher“ sein sollen, wird von der Bibel überhaupt nicht unterstützt. Wenn Jesus gewollt hätte, dass wir „Jüngererzieher“ sein sollen, hätte er das auch genau so in seinem Auftrag an die Jünger gesagt. Jesus lehrte Petrus, dass er Menschen für Jesus „fangen“ (Lk 5,10) und sie als Jesu Lämmer „weiden“ (Joh 21,15) sollte. Er gebot ihm aber niemals, sie zu „erziehen“. Übrigens fand ich außer im „Täglichen Brot“ in keinem Bibelkommentar zu Mt 28,20 überhaupt nur eine Assoziation zu dem Wort „Erziehung“. Es ist sehr eigenartig, dass das „Tägliche Brot“ aus diesem Vers die Quintessenz zieht, dass man ein „Jüngererzieher“ sein muss.

In UBF wird der Schwerpunkt auf etwas gelegt, das Gott gar nicht von uns will. Er will überhaupt nicht, dass wir unsere Mitmenschen und Christen ständig erziehen. Das macht er selber. Er will, dass wir uns zuallererst liebevoll um sie kümmern, und als Brüder für sie da sind. Gelegentlich kann eine (auch starke) Ermahnung als Bruder nützlich und nötig sein. Aber die „Erziehung“ in UBF geht leider viel weiter. Mindestens zwei bekannte „Extremisten“ in UBF (Samuel Lee in Chicago und Peter Chang in Bonn) gingen sogar so weit, Schläge als „Erziehungsmaßnahme“ anzuwenden. So etwas beklagte übrigens schon Paulus in 2.Kor 11,20: „Ihr ertragt es, wenn euch jemand knechtet, wenn euch jemand ausnützt, wenn euch jemand gefangen nimmt, wenn euch jemand erniedrigt, wenn euch jemand ins Gesicht schlägt.“ Es werden im Extremfall nicht nur „unmenschliche“ Maßnahmen ergriffen, sondern vor allem unangemessene Maßnahmen, die man oft nur als „geistlichen Missbrauch“ bezeichnen kann. Hier zeigt sich auch ein falsches Menschenbild in der UBF. Studenten und Mitarbeiter sind erwachsene Menschen und keine Kinder. Erziehungsmethoden, wie man sie bei kleinen Kindern anwendet, sind hier fehl am Platze und schaden nur.

In UBF wird auch behauptet, dass Jesus die Jünger drei Jahre lang „erzogen“ hätte, dass wir also dem Vorbild Jesu folgen, wenn wir ebenfalls Jünger „erziehen“. Zu einer derartigen Argumentation muss zunächst einmal warnend gesagt werden, dass wir zwar Jesu Nachfolger sind, aber es dennoch einen prinzipiellen Unterschied gibt zwischen Jesus selbst, der Gott ist (Joh 10,30), und seinen Nachfolgern. In Mt 23,8 heißt es: „Aber ihr sollt euch nicht Rabbi nennen lassen; denn einer ist euer Meister; ihr aber seid alle Brüder.“ Wir dürfen nicht die „Meister-Rolle“ von Jesus einnehmen! In anderer Hinsicht ist es ähnlich. „Erziehungsobjekte“ verurteilt man sehr schnell, aber Jak 4,12 warnt uns: „Einer ist der Gesetzgeber und Richter, der selig machen und verdammen kann. Wer aber bist du, dass du den Nächsten verurteilst?“Aber selbst wenn wir nicht diesen Unterschied zwischen Jesus und seinen Jüngern machen würden: Hat Jesus seine Jünger wirklich in dem Sinne „erzogen“ wie UBF es macht? Hat er sie in ein wöchentlich sich wiederholendes Schema von Versammlungen, Bibelstudien, Stellungnahmen usw. gepresst? Hat er sie gezwungen, etwas zu tun oder zu lassen? Im Wesentlichen hat er sie gelehrt und ihnen sein gutes Vorbild gezeigt, er hat ihnen alles „vorgelebt“. Es war kein „Lehren von der Kanzel herab“ und kein „Erziehen mit dem Stock“. Jesus ist der Meisterpädagoge, und wenn die UBF sich ihn als Vorbild nehmen will, soll sie das wirklich tun, und die Menschen so behandeln, wie Jesus sie behandelt hat.

Ähnlich wie die „Erziehung“ wird in UBF auch das „Training“ angesehen. Hierfür gilt auch genau das gleiche: Es ist ein UBF-Begriff, der in der Bibel nicht vorkommt. Das Wort „Übung“ kommt an genau einer Stelle vor, nämlich in 1.Tim 4,8, wo es heißt: „Denn die leibliche Übung ist wenig nütze; aber die Frömmigkeit ist zu allen Dingen nütze und hat die Verheißung dieses und des zukünftigen Lebens.“ „Trainiert“ werden Hunde oder Delphine. Auf keinen Fall soll aber ein Jünger Jesu einen anderen in irgendeinem geistlichen Sinn „trainieren“. Manchmal mache ich mit einem Bruder Jogging. Aber auch dabei laufen wir zusammen. Ich lasse mich nicht von ihm zum schnelleren Laufen antreiben, während er auf der Bank sitzt. Von Training und Erziehung ist es nur ein kleiner Schritt zu Kontrolle und Manipulation. „Hirtentraining“ und „Jüngererziehung“ sind zwei destruktive, unbiblische Elemente in UBF, die nicht mehr gelehrt und praktiziert werden dürfen.

Jesus möchte, dass wir die Menschen zu Jüngern mit selbständigem Glauben machen, die nicht nur mit der Hilfe des Heiligen Geistes gläubig und wiedergeboren wurden, sondern ihrerseits in ihrem weiteren Glaubensleben nur von Gott abhängen und sich vom Heiligen Geist leiten lassen. In UBF werden die Mitglieder aber von ihren Hirten und Leitern abhängig gemacht. Die Leiter haben kein Vertrauen darauf, dass der Heilige Geist in den anderen wirkt und sie auch weiter leitet. Deswegen meinen sie, die anderen ständig kontrollieren zu müssen, ihre Zeit durch verschiedene Programme und Aufgaben völlig verplanen zu müssen, und sie bis zum Ende bevormunden und erziehen zu müssen. Wie anders handelten da Paulus und Barnabas auf ihrer ersten Missionsreise: „Und sie setzten in jeder Gemeinde Älteste ein, beteten und fasteten und befahlen sie dem Herrn, an den sie gläubig geworden waren“ (Apg 14,23). Sie vertrauten darauf, dass Gott die Gemeinden, die aus ganz neu Bekehrten bestanden, auch ohne ihre „Erziehung“, „Training“ und „Kontrolle“ bewahren und leiten würde. Sie setzen in jeder Gemeinde „Älteste“ ein (und nicht einen Leiter, der alles bestimmen sollte). Als ihre Hauptverantwortung sahen sie es an, für sie von ganzem Herzen zu beten. Übrigens ist dies die einzige Stelle, an der wörtlich steht (Apg 14,21), dass gemäß dem Ausdruck in Mt 28,19 „Jünger gemacht“ wurden (nach anderen Übersetzungen wurden die Jünger allerdings „gewonnen“).

5. Mangelnde Praxis und Verständnis der Taufe

Während UBF sich auf der einen Seite so sehr um Dinge bemüht, die nicht im Weltmissionsauftrag gefordert sind, werden andere Dinge, die ausdrücklich genannt werden, völlig ignoriert. Dass die Leitung und die Wirksamkeit des Heiligen Geistes nicht wirklich wichtig genommen wird, und durch die Kontrolle und „Erziehung“ von Menschen ersetzt wird, habe ich schon erwähnt. Es wird aber auch Jesu Anweisung ignoriert, dass zum „Jünger machen“ die Taufe als wesentliches Element dazugehört. Aus der Textstelle im Matthäus-Evangelium geht dies eindeutig hervor: „Darum gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker: Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes…“ (Mt 28,19). Auch das Markus-Evangelium betont die Wichtigkeit der Taufe:„Gehet hin in alle Welt und predigt das Evangelium aller Kreatur. Wer da glaubt und getauft wird, der wird selig werden; …“ (Mk 16,15b.16a).

Das ist zwar nicht mein Hauptkritikpunkt, aber ich will diesen Punkt hier dennoch erwähnen. In UBF gibt es weder Praxis noch Verständnis der Taufe, und man hat sich auch nie darum bemüht, solches zu erlangen (ähnliches gilt übrigens für das Abendmahl!). Die Stellen, an denen „Taufe“ vorkommt, werden in UBF überlesen, oder es wird als rein symbolischer Ausdruck für „Buße tun“ abgetan. Zwar hängt beides zusammen, aber natürlich ist „Buße tun“ kein einmaliger Akt wie die Taufe, die daher etwas besonderes ist. Petrus nannte beides auch getrennt, als er sagte: „Tut Buße, und jeder von euch lasse sich taufen…“ (Apg 2,38). Die Apostelgeschichte macht hinreichend deutlich, wie wichtig die Jünger die Taufe nahmen.

Neugeborene Kinder werden in UBF nicht getauft. Dies kann man sehr wohl biblisch begründen. Aber die Kindertaufe in den Landeskirchen wird „anerkannt“, d.h. Christen, die erst in UBF zum persönlichen Glauben gekommen sind, werden nicht „wieder“ getauft. Dies kann man vielleicht auch noch begründen. Aber seltsamerweise werden auch diejenigen nicht getauft, die in UBF zum Glauben gekommen sind, aber nicht als Kind getauft wurden. Sie werden auch nicht ermutigt, sich anderswo taufen zu lassen. Auch die Kinder der Missionare werden nicht getauft, weder als Kind, noch als Jugendlicher, noch als Erwachsener. Es ist nicht so, dass eine Taufe grundsätzlich abgelehnt wird. Es gab sicherlich auch als die Regel bestätigende Ausnahmen gelegentlich Taufen in UBF (meist in „nicht-christlichen“ Missionsländern), dann aber meist gemäß einem nicht sehr biblischen koreanischen Ritus des Bespritzens mit Wasser. Wenn jemand sehr drängen würde, getauft zu werden, würde er es je nach Ort und Leiter auch durchsetzen können (ähnliches gilt wiederum für das Abendmahl, das in UBF auch schon gefeiert wurde, allerdings extrem selten).

Was hier hauptsächlich zu kritisieren ist, ist nicht, dass UBF ein falsches Verständnis der Sakramente hätte oder sie abschaffen möchte. Das Problem ist vielmehr, dass UBF hier überhaupt kein Verständnis hat, und auch keine Ambition, ein solches zu entwickeln, obwohl dies eine wichtige Lehre der Bibel und Teil des Weltmissionsauftrags ist. Weil über die Sakramente in UBF nichts gelehrt wird, werden sie von den meisten Leitern und Mitarbeitern am liebsten ignoriert und beim Bibelstudium geflissentlich „überlesen“. Dies hat auch damit zu tun, dass die Lehre, Bibel-Auslegung und Praxis in UBF in der „Leiter-Pyramide“ von oben nach unten durchgegeben werden: Die Predigten des Leiters werden mehr oder weniger kopiert. Der Leiter bestimmt auch allein das „Programm“, und damit, was für die Praxis als wichtig und was als unwichtig anzusehen ist. Da der oberste Leiter Samuel Lee anscheinend kein Interesse an Taufe und Abendmahl hat oder kein Verständnis dafür entwickelt hat, sind sie in ganz UBF bedeutungslos. Die Philosophie der „Jüngererziehung“ von Samuel Lee ist hingegen für jedes UBF-Mitglied selbstverständliche Grundlage seines Wirkens.

An diesem Beispiel zeigt sich sehr deutlich der „biblische Relativismus“ in UBF. Auf der einen Seite tut man so, als nähme man die Bibel als einzigen Maßstab und jedes ihrer Gebote sehr ernst. Auf der anderen Seite ignoriert man klare Anweisungen in der Bibel, und versucht, auf eigene Weise bestimmte Dinge durchzuführen. Man spielt die Bibel gegen sich selbst aus. Was wichtig und was richtig ist, entscheidet dabei letztlich der Leiter. In solchen ungesunden hierarchischen Strukturen ist daher letztlich auch immer die Lehre ungesund und neigt sehr leicht zum Extremen, egal in welche Richtung. Es ist in diesem Zusammenhang eine sehr interessante Beobachtung, dass in den „International Churches of Christ“ („ICC“), einer sektenähnlichen Gemeinde, die ansonsten ganz ähnlich wie UBF arbeitet, gerade auch die Taufe ein großes Lehrproblem ist. In der ICC wird nämlich gelehrt, dass die Taufe zur Errettung notwendig sei, wobei im Grunde genommen nur die Taufe bei ICC als eine echte Taufe angesehen wird. Dies ist gerade das andere Extrem zur Lehre der UBF, dass die Taufe unwichtig sei.

Ein wenig zynisch gesagt, hat UBF den Missionsbefehl in Mt 28 etwa so uminterpretiert: „Darum gehet hin und erziehet zu UBF-Hirten alle Studenten: Ihr braucht sie nicht zu taufen, aber lehret sie halten alles, was Samuel Lee euch befohlen hat (z.B. wöchentliche Stellungnahmen zu schreiben).“

(Auf neuerliche Entwicklungen hinsichtlich der Taufpraxis von UBF wird in den nachträglichen Anmerkungen weiter unten eingegangen.)

6. „Patriotische“ Weltmission und Suchen eigener Ehre

Viele Christen sehen den Weltmissionsauftrag als etwas Besonderes an, separiert vom Alltagsleben, Predigten in der Kirche, „Inlandsmission“, „gewöhnlicher“ Evangelisation usw. Auch in UBF herrscht im Grunde die Meinung, dass der Weltmissionsauftrag ein „besonderer“, nämlich der „wichtigste“ und „höchste“ Auftrag an die Christen ist, und man ist sehr stolz darauf, dass UBF diesen Befehl erkannt hat und ausführt.

Aus Apg 1,8 geht aber klar hervor, dass die Mission in der Heimatstadt und im eigenen Land genauso wichtig ist, zum Weltmissionsauftrag dazugehört, und dass man mit der Weltmission „vor der eigenen Haustür“ anfangen soll.

Man denkt provokativ gesagt in UBF, dass man vor Gott größere Ehre erlangen kann, wenn man als „Missionar“ in ein fernes Land geht, anstatt als „Hirte“ im eigenen Land zu wirken. UBF ist in vieler Hinsicht von „Ehrsucht“ getrieben. Man will irgendwie „groß“ sein. Begeisterung für die Weltmission wurde bei den Koreanern nicht nur durch die Bibel, sondern auch dadurch geweckt, dass Koreaner durch die Geschichte ihres Landes als ein „Mauerblümchen“ mit Minderwertigkeitskomplexen beladen sind und gerne einmal „die Welt erobern“ wollen, anstatt immer nur erobert zu werden. Sie hatten anfangs sogar den Schlachtruf „Bibel Korea – Weltmission“. Das Motto war „Conquer the World with the Gospel“ mit 1.Mose 1,28 im Hinterkopf („… füllet die Erde und machet sie euch untertan und herrschet…“). Wenn man solchen Eifer hat, sollte man sich prüfen, ob seine Motive völlig rein sind. Es ist in dieser Hinsicht auch „verdächtig“, dass in UBF später kaum Missionare von anderen Ländern ausgesandt wurden, sondern immer noch fast alle Missionare aus Korea kommen, so dass in UBF das Wort „Missionar“ fast synonym mit „Koreaner“ ist. Überhaupt werden Titel in UBF sehr gerne benutzt. Jeder Mitarbeiter ist entweder „Missionar“ oder „Hirte“ und muss auch ständig mit diesem Titel bezeichnet werden. Auch weltliche Titel, besonders der Doktortitel, werden sehr geschätzt. Fördert solche Titel-Liebe nicht zu sehr, dass wir Ehre voneinander nehmen und auf Anerkennung aus sind? Die Titel schaffen auch künstliche Unterschiede zwischen den Mitarbeitern. Jesus empfahl (oder befahl?) jedenfalls, dass wir uns alle nur als Brüder verstehen und nicht mit besonderen Titeln schmücken sollen (Mt 23,7-10). Inzwischen wird es in UBF aber schon als unhöflich angesehen, wenn man jemanden nicht mit seinem Titel „Missionar“ oder „Hirte“ anredet. Die Bezeichnung „Missionar“ gibt es übrigens in der Bibel überhaupt nicht (nur die Bezeichnung „Apostel“ und „Evangelist“) und auch der „Hirte“ war ein besonderes Amt, kein Titel. Eph 4,11 sagt: „Und er hat einige als Apostel eingesetzt, einige als Propheten, einige als Evangelisten, einige als Hirten und Lehrer, …“ Als Titel wurden solche Amtsbezeichnungen in der Urgemeinde jedenfalls nicht benutzt. Selbst von so „hochstehenden“ Persönlichkeiten wie Petrus, Johannes, Jakobus, Paulus oder Markus wurde nicht als „Apostel Petrus“, „Sankt Johannes“, „Generaldirektor Jakobus“, „Missionar Paulus“ oder „Evangelist Markus“ geredet. Petrus nannte Paulus einfach „unseren Bruder Paulus“ (2.Petr 3,15). Paulus nannte seinen Mitarbeiter Timotheus auch nur „unser Bruder Timotheus“ (Kol 1,1; Hebr 13,23). Gewöhnlich nannten sie sich aber einfach nur beim Vornamen. Paulus schrieb z.B. „grüßt die Priska und den Aquila“ (Röm 16,3) und nicht „grüßt die Hirtin Priska und den Hirten Aquila“.

Man muss leider sagen, dass die „Organisation“ UBF und ihre Leiter, besonders ihr oberster Leiter Samuel Lee, sehr nach Ehre streben und danach, „groß“ zu sein – obwohl sie eigentlich wissen, dass Jesus das „groß sein“ radikal umdefiniert hat (Mk 9,34-37). Das trotz allen Bibellesens falsche Verständnis von Größe, im Grunde ein „Elite-Bewusstsein“, zeigt sich auch darin, dass als Missionsländer seltsamerweise die reichen christlichen Industrieländer USA und Deutschland als besonders wichtig angesehen werden, dass die „intellektuellen Studenten“ als einzige „Jüngerkandidaten“ betrachtet werden, wobei in den USA auch noch Weiße gegenüber Farbigen bevorzugt eingeladen und „erzogen“ werden, und dass UBF-Mitglieder mit Doktortiteln besonders hoch angesehen werden (der Leiter hat gleich zwei Titel, die er nebenbei bemerkt auf sehr fragwürdige Weise gewonnen hat). In letzter Zeit wurde in UBF sogar „Professorhirte“ zu sein als besonders erstrebenswertes Lebensziel propagiert. Das Elite-Denken der UBF zeigt sich auch darin, dass man nicht mit anderen Gemeinden, Kirchen oder Missionsgesellschaften zusammen arbeitet.

Die nationalen Grenzen werden sehr wichtig genommen und z.B. „Deutschland“ als (zukünftige) „königliche Priesterschaft“ deklariert. Die Bibel sagt jedoch, dass die „königliche Priesterschaft“ aus den verstreuten Christen (1.Petr 1,1; 2;9) in allen Nationen besteht, und dass wir nicht mehr in den begrenzenden Kategorien der Welt denken sollen. Gerade der Weltmissionsauftrag („alle Welt“, „alle Völker“, „alle Kreatur“) macht deutlich, dass Nationalität, Rasse, Bildung, Intelligenzquotient usw. bei der Verkündigung des Evangeliums keine Rolle spielen sollen. Auch andere Stellen machen dies ganz klar: „Es ist hier kein Unterschied zwischen Juden und Griechen; es ist über alle derselbe Herr, reich für alle, die ihn anrufen. Denn »wer den Namen des Herrn anrufen wird, soll gerettet werden« (Röm 10,12.13). „Hier ist nicht Jude noch Grieche, hier ist nicht Sklave noch Freier, hier ist nicht Mann noch Frau; denn ihr seid allesamt einer in Christus Jesus“ (Gal 3,28). „Liebe Brüder, haltet den Glauben an Jesus Christus, unsern Herrn der Herrlichkeit, frei von allem Ansehen der Person“ (Jak 2,1). „Und ich sah einen andern Engel fliegen mitten durch den Himmel, der hatte ein ewiges Evangelium zu verkündigen denen, die auf Erden wohnen, allen Nationen und Stämmen und Sprachen und Völkern“ (Offb 14,6).

In diesem Sinne ist auch noch einmal genau zu prüfen, ob es richtig ist, ein Missionswerk, das auf der Basis von „vollwertigen“ und von anderen abgekapselten Gemeinden arbeitet, sich allein Studenten widmet, oder anders gesagt, dass UBF also nicht „Weltmission“ sondern „Weltcampusmission“ betreibt. Dass die Gemeinden dadurch so „homogen“ sind, hat durchaus negative Folgen. Ältere, erfahrenere Gemeindeglieder mit anderen Hintergründen hätten die Probleme in UBF viel eher erkennen und warnend und korrigierend wirken können. Schlecht ist auch der fixierte Blick auf allein die Studenten als „Objekte“ der Weltmission. Dabei wird leicht vergessen, dass die eigenen Verwandten, Freunde, Arbeitskollegen usw. genauso das Evangelium nötig haben – sie werden jedoch vernachlässigt, weil sie keine Studenten sind.

Mission wird in UBF auch hauptsächlich so verstanden, dass UBF-Mitglieder gewonnen werden müssen. Es wird nur das getan, was in diesem Sinne effektiv ist. Das Bibellesen mit jemandem, der in einer anderen Gemeinde beheimatet ist, oder bei dem keine Aussicht besteht, dass er Mitglied von UBF wird, wird in diesem Sinne als ineffektiv angesehen und vermieden. Es werden keine allgemeinen Traktate über das Evangelium verteilt, sondern nur Einladungen direkt zu UBF. In UBF werden keine Heime, Krankenhäuser oder Gefängnisse besucht, weil dort keine Mitglieder für UBF gewonnen werden können. Die Mission an den eigenen Eltern oder Verwandten, ich erwähnte es bereits, wird auch in diesem Sinne als unwichtig angesehen. Aus dem gleichen Grund wird auch die Zusammenarbeit mit anderen Gemeinden als unproduktiv betrachtet. Soziale Arbeit und Unterstützung Bedürftiger vergrößert ebenfalls nicht UBF und wird deshalb für unwichtig gehalten. Doch Jak 1,27 sagt: „Ein reiner und unbefleckter Gottesdienst vor Gott, dem Vater, ist der: die Waisen und Witwen in ihrer Trübsal besuchen und sich selbst von der Welt unbefleckt halten.“ Die Waisen und Witwen zu besuchen, wird einem keine große Ehre einbringen und auch nicht die Gemeinde oder Organisation vergrößern. Trotzdem stellte es Jakobus als Musterbeispiel eines Dienstes vor, der Gott gefällt. Wie Abraham gelebt hat, sieht aus der Sicht von UBF ebenfalls sehr ineffektiv und fruchtlos aus. Er hat in Zelten gelebt und Vieh gezüchtet. Mangels Bibel konnte er kein Bibelstudium machen, es ist nicht bekannt, ob er „Stellungnahmen“ oder ähnliches schrieb (vielleicht konnte er gar nicht schreiben) und ob er den Sabbat hielt (die 10 Gebote gab es noch nicht), auch hat er nicht aktiv gepredigt oder missioniert. Und dennoch kann er als der Vater der Weltmission angesehen werden (1.Mose 12,3).

Wenn neue UBF-Gemeinden gegründet werden, wird dies in UBF stets „Pionierung“ genannt, auch wenn es in dem Missionsfeld bereits zahlreiche christliche Gemeinden gibt. Viele UBF-Missionare werden gerne als „Pioniere“ ausgesandt, denn dadurch können Sie sich dem Druck entziehen, der ständig auf UBF-Mitglieder ausgeübt, und stattdessen ihrerseits in dem von ihnen neu gegründeten „Zentrum“ frei schalten und walten, und auf andere Druck ausüben. Als besonders problematisch ist anzusehen, dass die „Pioniere“ mit dem erklärten Ziel in das Missionsfeld gehen, langfristig als Leiter in den von ihnen gegründeten Gemeinden zu fungieren. Selbst nach 40 Jahren UBF-Mission sind in fast allen UBF-Gemeinden noch die Koreaner die Leiter, von denen diese Gemeinden gegründet wurden. Dies ist eine sehr ungesunde und gefährliche Praxis. Normalerweise versuchen christliche Missionare, relativ schnell einheimische Älteste als Leiter in den von ihnen gegründeten Gemeinden einzusetzen, denn es ist aus der Praxis hinreichend bekannt, dass es sonst fast zwangsläufig auf Dauer zu Problem kommt. Diese Vorgehensweise findet man auch, wie oben bereits erwähnt, in der Bibel in der Apostelgeschichte beschrieben. Die Missionare der UBF bleiben aber nicht nur langfristig Leiter, sondern machen sich oft auch finanziell von ihrer Gemeinde abhängig, indem sie ihren Lebensunterhalt von den Opfergeldern bestreiten, die sie von ihren Gemeindemitgliedern einsammeln. Sie sehen „ihre“ Gemeinde auch oft als ihr Eigentum und ihr Lebenswerk an, auf das sie stolz sind, und können als Gemeindeleiter schließlich gar nicht mehr zurücktreten, weil sie sonst sowohl ihre finanzielle Lebensgrundlage als auch ihren vermeintlichen Lebenssinn verlieren würden.

Ein weiteres Problem bei der Missionspraxis der UBF ist, dass die Missionare nicht bereit sind, sich für die Kultur und Sprache im Missionsland und für den zu missionierenden Personenkreis, die Studenten, wirklich zu interessieren. Wenn man schon in ein anderes Land als Missionar geht, muss man dieses Land wirklich lieben und seine Kultur wirklich versuchen zu verstehen und darin zu leben. Wenn man sich schon auf die Campus-Mission einschränkt, dann sollte man auch wirklich versuchen, die wissenschaftliche, intellektuelle Denkweise der Studenten und andere Aspekte ihres Studentenlebens zu verstehen. Paulus schrieb: „Denn obwohl ich frei bin von jedermann, habe ich doch mich selbst jedermann zum Knecht gemacht, damit ich möglichst viele gewinne. Den Juden bin ich wie ein Jude geworden, damit ich die Juden gewinne. Denen, die unter dem Gesetz sind, bin ich wie einer unter dem Gesetz geworden – obwohl ich selbst nicht unter dem Gesetz bin -, damit ich die, die unter dem Gesetz sind, gewinne. Denen, die ohne Gesetz sind, bin ich wie einer ohne Gesetz geworden – obwohl ich doch nicht ohne Gesetz bin vor Gott, sondern bin in dem Gesetz Christi -, damit ich die, die ohne Gesetz sind, gewinne. Den Schwachen bin ich ein Schwacher geworden, damit ich die Schwachen gewinne. Ich bin allen alles geworden, damit ich auf alle Weise einige rette“ (1.Kor 9,19-22). Sind UBF-Mitarbeiter wirklich bereit, sich so sehr auf ihre „Zielgruppe“, die Studenten, einzustellen und auf sie einzugehen? Mein Eindruck ist, dass UBF zwar in Studentenwohnheimen und auf dem Campus einlädt, aber ansonsten keine besondere Attraktivität für Studenten entwickelt hat und genauso gut oder besser auch andere Gruppen wie z.B. „Hausfrauen“ ansprechen könnte. Es ist aus der Sicht des Weltmissionsauftrags schon sehr fraglich, ob sich eine Gemeinde auf eine Personengruppe wie Studenten einschränken darf. Auf jeden Fall sollte man, wenn man dies tut, es dann auch richtig und konsequent machen.

Ich möchte betonen, dass die oben aufgezählten Kritikpunkte nur das Verständnis des Weltmissionsbefehls bei der UBF betreffen. Es gibt durchaus noch sehr ernsthafte weitere Probleme in der UBF, die ebenfalls auf der Grundlage der Bibel scharf kritisiert werden müssen. Über diese Dinge soll an anderer Stelle geschrieben werden.

Ich könnte hier auch noch einige konkrete Verbesserungsvorschläge für eine „reformierte“ UBF aufführen, möchte aber doch lieber darauf verzichten. Dies sollte zusammen diskutiert werden. Vieles, was man verbessern kann, ergibt sich direkt aus den aufgeführten Kritikpunkten. Über vieles muss man jedoch noch ausführlich sprechen. Manches muss völlig in Frage gestellt und womöglich ganz abgeschafft werden, andere „Traditionen“ von UBF gerade im Zusammenhang mit dem Weltmissionsauftrag sind aber im Kern sehr gut und sollten in „gereinigter“ Form beibehalten werden. Ich bete, dass meine Kritik hinsichtlich des Verständnisses des Weltmissionsauftrags, die sicherlich nicht der letzte Schluss an Weisheit und geistlicher Einsicht ist, die ich aber nach bestem Gewissen und Verständnis niedergeschrieben habe, etwas zu dieser Diskussion, die unbedingt stattfinden muss, beitragen kann.

 

Nachträgliche Anmerkungen (vom Webdiener dieser Internetseiten, Februar 2003)

Inzwischen hatte ich fast zwei Jahre Zeit, um über diese Problematik weiter nachzudenken und dabei zu erkennen, dass die Kritik nur allzu berechtigt war und in einigen Punkten sogar noch viel tiefer gehen muss. Die von mir gewünschte Diskussion hat leider nicht stattgefunden, und zwar erstaunlicherweise auch nicht im angeblich „reformgesinnten“ Teil der UBF, der wohl in Kürze den neuen Namen „Campus Mission International“ (CMI) tragen wird, aber immer noch im wesentlichen die gleichen Konzepte vertritt. Insbesondere die koreanischen Leiter der UBF und Reform-UBF weigerten sich bisher leider beharrlich, ihre Vorstellung von Weltmission und „Jüngererziehung“ auch nur zur Debatte zu stellen und ein „reformiertes“ Konzept zu definieren. Diese enttäuschende Erfahrung hat mich dazu geführt, meine Hoffnung auf eine echte Reform der UBF zu begraben. Die Kritik in drei der genannten Problemfelder möchte ich hier noch etwas vertiefen:

Zum Problem, dass der Mission ein zu hoher Stellenwert eingeräumt wird: Dies wird immer wieder besonders daran deutlich, dass junge Mitglieder in UBF den Kontakt zu ihren Eltern abschneiden bzw. allein durch die Inanspruchnahme durch UBF dazu gezwungen werden und dass Ehepaare in UBF aufgrund dieser Inanspruchnahme durch UBF ihre Kinder vernachlässigen. Es gilt in UBF für junge Mütter als eine Sünde, „familienzentriert“ zu sein. Die Bibel sieht dies jedoch ganz anders. Selbst der unverheiratete Apostel Paulus, der seine Zeit ganz der Mission zur Verfügung stellte, schreibt als Empfehlung an die jungen Frauen in der Gemeinde nur, „dass sie ihre Männer lieben, ihre Kinder lieben, besonnen seien, keusch, häuslich, gütig, und sich ihren Männern unterordnen, damit nicht das Wort Gottes verlästert werde“ (Tit 2,4.5). Die Mission erwähnt er hier überhaupt nicht, sondern gerade die Werte, die in UBF als gering geachtet oder gar sündig angesehen werden. Der Sinn einer Ehe wird in UBF hauptsächlich darin gesehen, dass sie Mission betreibt. „Häuslich“ zu sein wird in UBF niemals als eine Tugend für eine Frau dargestellt. Oft sind gerade die Frauen diejenigen, die besonders aktiv in UBF wirken, weil sie naiver sind und ihre jeweiligen Leiter oft geradezu anbeten. In diesen Fällen muss sich ihnen dann auch meist der Mann unterordnen, der in UBF nicht „Ehemann,“ sondern nur „Mitarbeiter“ genannt wird, um diese Fokussierung auf Mission zu betonen. An der gleichen Stelle im Titus-Brief werden nicht nur die jungen Frauen angesprochen, sondern auch die jungen Männer und die älteren Gemeindemitglieder. Von keiner Gruppe wird gefordert, dass sie Mission betreiben soll in einer ähnlichen Weise, wie UBF es tut. Stattdessen wird davon ausgegangen, dass eine vorbildliche, gesunde Gemeinde, in der es die „heilsame/unverfälschte Lehre“ gibt (dies wird besonders hervorgehoben), automatisch einen starken missionarischen Einfluss auf ihre Umgebung ausübt.

Nun mag man noch einwenden, dass zumindest bestimmte Leute berufen sein könnten, Mission wie in UBF mit erster Priorität durchzuführen, und Paulus als ein Beispiel anführen. Das ist durchaus richtig, aber dies rechtfertigt nicht das Missionskonzept von UBF. Paulus fühlte sich berufen, solch ein Leben zu führen. Aber genau deswegen hat er auch nicht geheiratet! Die UBF-Mitglieder prahlen immer damit, dass sie besonders hingebend und aufopferungsvoll sind. Aber auf die Ehe verzichten und in wirklich erbärmlichen Verhältnissen zu leben wie viele echte Missionare, die von UBF verachtet werden, will dann doch niemand in UBF. Alle mir bekannten UBF-Leiter (außer Sarah Barry) sind verheiratet, und die überwältigende Mehrheit aller von UBF ausgesandten „Missionare“ wurden in die beiden reichsten Länder der Welt, Deutschland und USA, ausgesandt. Sie kümmern sich auch nicht beispielsweise um arme, obdachlose Menschen, sondern um Studenten, die ihnen als spätere Mitglieder reichlich Geld opfern können. Die Zentrale in Chicago hat auf diese Weise schon Millionen von Dollars angehäuft. Dennoch bezeichnet sich UBF immer noch stolz als ein „Krippenwerk.“ Die Behauptung „wir in UBF leben besonders konsequent und hart in der Nachfolge Jesu“ trifft auf die wenigsten Mitglieder zu, insbesondere aber nicht auf die oberen Leiter. Im Gegensatz zu Apostel Paulus lassen sich die meisten Gemeindeleiter und alle höheren Leiter von den Mitgliedern ihren Lebensunterhalt bezahlen und arbeiten nicht. Schlimmer noch ist es aber, dass die hohe Aussteigerquote damit erklärt wird, dass eben nicht jeder ihren harten Lebensstil durchhalten könne, und dass behauptet wird, jeder sei frei, die UBF zu verlassen. In Wirklichkeit wird der Lebensstil in UBF als nicht nur als der einzig richtige, sondern als der einzig selig machende erklärt. Wenn Jesus z.B. sagt, dass ein Mensch durch die „enge Pforte“ gehen müsse und dass der „breite Weg“ zur Verdammnis führt, dann wird die enge Pforte in UBF als das „harte“ Leben in UBF verstanden, und der „breite Weg“ als der bequeme Lebensstil, den nicht nur die Ungläubigen, sondern angeblich auch andere Christen und UBF-Aussteiger leben. Den Mitglieder wird ganz deutlich eingeredet, dass UBF Gottes Berufung für sie ist, und dass UBF zu verlassen bedeutet, Gott zu verlassen. In Wirklichkeit ist die „enge Pforte“ Jesus Christus selber, und es kommt auf die Beziehung eines Christen zu ihm an, nicht auf eine bestimmte Missionstätigkeit in einer bestimmten Organisation. Der Glaube eines Mitglieds an Gott wird aber stattdessen unlösbar eng mit seiner Mitarbeit in UBF verzahnt. Zudem wird in Predigten und Gesprächen die Angst geschürt, dass ein Verlassen von UBF automatisch schreckliche Unglücksfälle nach sich ziehen wird, und nur die treuen Mitarbeiter von UBF Gottes Segen zu erwarten hätten. Für ein derart indoktriniertes, von Schuldgefühlen und Ängsten verfolgtes Mitglied, dessen einziges soziales Umfeld nur noch aus UBF besteht, gibt es daher praktisch keine Wahlmöglichkeit mehr, UBF zu verlassen. Es ist der blanke Hohn von UBF-Leitern, erst ihre Mitglieder derart zu indoktrinieren, um dann gegenüber der Öffentlichkeit zu behaupten, die Mitglieder seien ja „frei, UBF zu verlassen“, wenn sie mit dem „harten“ Lebensstil nicht zurecht kämen. Die in UBF bekehrten Studenten werden keineswegs vor die freie Wahl gestellt, UBF beizutreten und dort weiter auf ihre „besondere“ Weise mitzuarbeiten, sondern es wird ihnen als die einzige gottgefällige und selig machende Lebensweise dargestellt. Mitglieder, die sich für einen anderen Dienst in einer anderen Gemeinde entscheiden, werden nicht mit Segen dorthin geschickt, sondern mit Schuldgefühlen. UBF zu verlassen ist für ein Mitglied fast immer ein traumatisches Erlebnis.

Kurz gesagt, ist es sicher richtig, dass bestimmte Menschen dazu berufen sein können, ihr Leben ganz der Mission zu widmen. Aber es kann nicht akzeptiert werden, dass dies in einer Organisation oder Gemeinde als der Normalfall oder gar die einzig richtige Lebensweise dargestellt wird. Die Entscheidung muss persönlich, freiwillig und auf Grundlage besonderer individueller geistlicher Gaben und Berufung getroffen werden. In UBF gibt es dagegen nur zwei akzeptierte geistliche Gaben und Lebensweisen, die des „Hirten“ und die des „Missionars“ (beide im Sinne von UBF verstanden). Und auch jemand, der sein Leben ganz der Mission widmet, darf ihr nicht den „absoluten“ Wert wie UBF einräumen und andere Gebote Gottes darüber nach dem Motto „der Zweck heiligt die Mittel“ vernachlässigen. Die Liebe ist immer noch das höchste Gebot. Apostel Paulus, der ein Beispiel für solch einen „missionszentrierten“ Menschen abgeben kann, schrieb wie gesagt trotz seiner derartigen Prioritätensetzung auf das Predigen und Evangelisieren: „Wenn ich mit Menschen- und mit Engelzungen redete und hätte die Liebe nicht, so wäre ich ein tönendes Erz oder eine klingende Schelle“ (1.Kor 13,1).

Hinzu kommt, dass es gerade dann, wenn man sich entschieden hat, Mission mit erster Priorität durchzuführen, darauf ankommt, dass man es auch auf die richtige Weise tut. Oder wie es in 2.Tim 2,5 heißt: „Und wenn jemand auch kämpft, wird er doch nicht gekrönt, er kämpfe denn recht.“ Und hier liegt eben das nächste große Problem von UBF. Was nützt es, wenn der UBF-Lebensstil zwar besonders „hart“ ist, wenn er aber dennoch biblisch falsch und schädlich ist? Hier ist in erster Linie die angesprochene Problematik einer falschen Vorstellung von „Jüngererziehung“ zu nennen. Ich habe immer mehr erkannt, dass dies wirklich eines der Kernprobleme ist, und festgestellt, dass diese Idee und die daraus automatisch erwachsenden Probleme keineswegs in UBF zum ersten Mal aufgetaucht sind. Das in UBF angewandte Konzept der „Jüngererziehung“ ist im englischen Sprachraum auch unter dem Begriff „Discipling“ bekannt, oder als „Shepherding“ („Hirtenschaft“), da oft wie in UBF der „Jüngererzieher“ als „Hirte“ bezeichnet wird, und sein „Erziehungsobjekt“ als „Schaf.“ Durch die Verwendung biblischer Begriffe wie „Jünger“ und „Hirte“ wird suggeriert, dass dieses Konzept biblisch wäre. Doch die Bibel versteht diese Begriffe völlig anders. Das Konzept des „Discipling/Shepherding“ ist als unbiblisch zu verwerfen. Diese falsche Lehre und Praxis wird schon in den Briefen von Paulus erwähnt (z.B. in 2.Kor 11,1-21) und ist später in der Geschichte des Christentums in verschiedenen Abwandlungen immer wieder aufgetaucht, z.B. bei den Jesuiten innerhalb der römisch-katholischen Kirche, bei den „Startzen“ der russisch-orthodoxen Kirche und insbesondere im letzten Jahrhundert innerhalb der charismatischen Bewegung, wo sie überall zu geistlichem Missbrauch, Unheil, Spaltungen und maßlosem Stolz der Leiter geführt hat. Wegen dieser negativen Erfahrungen werden diese Ideen übrigens von den meisten charismatischen Gemeinden heute nicht mehr angewendet. Nur einige Organisationen wie die „International Churches of Christ“ (ICoC) benutzen noch diese Methoden und sind aufgrund der gleichen Probleme, wie es sie in UBF gibt, zu Recht als Sekten in Verruf geraten. Aber selbst die ICoC scheint am Anfang des Endes ihrer Praktiken zu stehen. Die kritischen Stimmen innerhalb der ICoC werden lauter, und hochrangige Leiter fangen an, die grundlegenden Fehler offen zuzugeben und ihre Schuld einzugestehen. Unter Stichworten wie „Discipling“, „Shepherding“, „Covering,“ „Autoritarismus“, „Autoritätsmissbrauch in der Kirche“, „geistlicher Missbrauch“ oder auch „ICoC/ICC“ findet man im Internet viele Artikel, die darlegen, aus welchen Gründen das in UBF angewandte Konzept der „Jüngererziehung“ falsch und unbiblisch ist, und viele Negativbeispiele und Berichte, die zeigen, dass es überall, wo es angewendet wurde, Unheil angerichtet hat. Daher möchte ich hier nicht weiter darauf eingehen, auch wenn es meiner Meinung nach das eigentliche Hauptproblem darstellt. Es ist schädlich nicht nur für das „Schaf“, das u.a. zur geistlichen Unselbständigkeit und Heuchelei erzogen wird, sondern auch für den „Hirten“, der u.a. meist herrisch, selbstherrlich und stolz auf sein selbst vollbrachtes großes „Jüngererziehungswerk“ wird. Die zwei großen Motivationen, aus denen UBF-Mitglieder bereit sind, scheinbar aufopferungsvoll zu handeln, sind leider gerade diese beiden: Ängstlicher, von ständigen Schuldgefühlen getriebener Gehorsam auf der einen Seite, und auf der anderen Seite Werkgerechtigkeit und der Wunsch, ein besonders großes Werk für Gott vollbringen zu wollen, um am Ende dafür eine besonders große „Krone“ zu erhalten. Die UBF-Leiter scheinen dabei oft als heimliche Motivation Dan 12,3 zu haben: „Und die da lehren, werden leuchten wie des Himmels Glanz, und die viele zur Gerechtigkeit weisen, wie die Sterne immer und ewiglich.“ Sie träumen davon, im Himmel einmal als ganz besondere Sterne zu leuchten, weil sie ja so viele „gelehrt“ und zur „Gerechtigkeit gewiesen“ hätten. Leider ist oft das Gegenteil der Fall.

Der exzellente Menschenkenner Fjodor Dostojewski schrieb in seinem Buch „Die Brüder Karamasoff“ in dem Abschnitt über das „Startzentums“, das als eine sehr alte russisch-orthodoxe Variante des „Shepherding“ angesehen werden kann: „Der Staretz ist einer, der die Seele und den Willen von jemandem in seine Seele und seinen Willen aufnimmt. Wer einen Staretz gewählt hat, sagt sich vom eigenen Willen los und gibt ihn mit vollständiger Selbstverleugnung dem Staretz zum vollen Gehorsam. … Die Verpflichtungen dem Staretz gegenüber sind nicht etwa gewöhnlicher ‚Gehorsam‘, wie er in unseren russischen Klöstern seit jeher üblich ist, nein, hier handelt es sich um die ewige Beichte aller sich dem Staretz ergebenden, um die unlösbare Verbindung zwischen dem Gebundenen und dem Bindenden. … Die Startzen haben in gewissen Fällen eine grenzenlose und unvergleichliche Macht.“ Die hier geschilderte Beziehung zwischen dem Staretz und seinem Schüler ähnelt verblüffend der Beziehung zwischen „Hirte“ und „Schaf“ in UBF. Obwohl die meisten Startzen den UBF-Leitern sicherlich an Alter, Weisheit, Erfahrung und Bescheidenheit viel voraus hatten, kommt Dostojewski doch am Ende des Abschnitts zu folgendem erstaunlichen Resümee über die Tradition des Startzentums: „Die Wahrheit ist wahrscheinlich, dass diese erprobte und schon tausendjährige Waffe zur moralischen Erneuerung des Menschen von der Knechtschaft zur Freiheit und zur moralischen Vollkommenheit sich in ein zweischneidiges Schwert verwandeln kann, wobei es so manchen wahrscheinlich statt zur Demut und vollkommenen Selbstbeherrschung umgekehrt zum allersatanischstem Stolz führt, das heißt in Ketten, und nicht zur Freiheit.“ Hier hat Dostojewski zwei problematische Resultate des „Shepherding“ erkannt, wie sie auch in UBF wiedergefunden werden können: Knechtschaft und Abhängigkeit der „Schafe“ auf der einen Seite, und Stolz und Werkgerechtigkeit der „Hirten“ auf der anderen Seite. Diese und andere negativen Auswirkungen können offenbar auch (und vielleicht gerade) von Außenstehenden sehr deutlich wahrgenommen werden.

Hiermit wären wir schon beim zuletzt angesprochenen Punkt, der „patriotischen“ Weltmission und dem Suchen eigener Ehre. Der Gedanke, selber durch eigene Anstrengung Jünger „erziehen“ zu müssen, verführt dazu, ein großes „Werk“ aufzubauen, und stolz darauf zu werden. Es wird in UBF „Werk Gottes“ genannt, aber nicht mit der Hauptbedeutung, dass es ein Werk ist, dass Gott getan hat, sondern dass es ein Werk ist, das Gott sehr gefallen müsste und dass er unbedingt unterstützen wird. Jedes UBF-Mitglied ist stolz auf seine Organisation, die UBF, aber insbesondere die Bezirksleiter sind stolz auf die von ihnen geleiteten Gemeinden, die sie als ihr persönliches Lebenswerk ansehen, das daher nie in Frage gestellt werden kann, ohne das ganze Leben des Leiters in Frage zu stellen und ihn dadurch „Gesicht verlieren“ zu lassen, was Koreaner für das schlimmste halten, was ihnen passieren kann. Jedes Mitglied ihres Bezirks wird dabei als ihr eigener Verdienst angesehen, und je größer ein Bezirk ist und je höher er in der Hierarchie steht, d.h. eventuell abhängige Bezirke unter sich hat, desto höher ist der jeweilige Leiter in UBF angesehen, und desto stolzer ist er. Der Stolz des obersten Leiters Samuel Lee, wie er auch in seinen Briefen zum Ausdruck kommt, kannte entsprechend keine Grenzen mehr. In einem seiner letzten Briefe an alle Mitarbeiter vom April 2001 schrieb er beispielsweise „Von meinem 29ten bis zu meinem 70sten Lebensjahr war das einzige, was ich getan habe, UBF zu pionieren. Ich pionierte Korea, ich pionierte Deutschland, ich pionierte die USA. Und niemand kann leugnen, dass es mein Einfluss war, der sich selbst finanzierende Missionare bis an die Enden der Erde aussandte.“ Seine Briefe sind gefüllt mit derartigen Prahlereien über UBF und sich selbst. Welch andere Haltung hatte Apostel Paulus, der wirklich ein großartiger „Pionier“ war, als er schrieb: „Es sei aber fern von mir, mich zu rühmen als allein des Kreuzes unseres Herrn Jesus Christus, durch den mir die Welt gekreuzigt ist und ich der Welt“ (Gal 6,14). Das Suchen der eigenen Ehre wird durch das Konzept der „Jüngererziehung“, nach dem die erzogenen Jünger praktisch wie ein Eigentum und Verdienst des Jüngererziehers angesehen werden, geradezu herausgefordert, weil die Betonung nicht auf das Wirken Gottes und des Heiligen Geistes gelegt wird, sondern die Bekehrung und Veränderung des Menschen der eigenen „harten Arbeit“ zugeschrieben wird. Paulus schrieb der Gemeinde in Korinth, in der „Pioniere“ wie Apollos oder er selbst über Gebühr geehrt wurden: „Ich habe gepflanzt, Apollos hat begossen; aber Gott hat das Gedeihen gegeben. So ist nun weder der pflanzt noch der begießt etwas, sondern Gott, der das Gedeihen gibt.“ (1.Kor 3,6.7)

Hinsichtlich der (nicht vorhandenen) Tauflehre in UBF muss inzwischen folgendes ergänzt werden: Ein Jahr nach dem Tod von Samuel Lee scheint es auf Betreiben von Sarah Barry wieder vermehrt Taufen in UBF zu geben. Die offizielle kanadische UBF-Internetseite berichtet jedenfalls: „Am 22. Januar nutzte Mutter Barry ihren Geburtstag, um 37 neu bekehrte Jünger zu taufen. Alle Mitglieder kamen um 8 Uhr abends zusammen und nahmen am Gebet für die Täuflinge teil. Sie lernten das Vaterunser, die 10 Gebote und das apostolische Glaubensbekenntnis auswendig, und schrieben eine ernsthafte Stellungnahme von einer Seite. Sie wurden geprüft und bestanden die Prüfung, vor der Welt als Gottes Kinder ernannt zu werden.“ Es mag auf den ersten Blick ein positives Zeichen sein, dass Sarah Barry wieder die Taufe eingeführt hat. Auf einen zweiten Blick fallen einem jedoch mehrere äußerst problematische Aspekte dieser Taufe auf: Zunächst fällt die Parallele dieser „Massentaufe“ zu den „Massenhochzeiten“ auf, die Samuel Lee an seinem Geburtstag abzuhalten pflegte. Beide wollen durch eine solche Zeremonie offensichtlich ihren „Anspruch“ auf die Täuflinge bzw. Ehepartner untermauern und ihre eigenen Errungenschaften feiern. Es geht bei solchen Veranstaltungen auch kaum mehr um die Taufe bzw. Heirat und die einzelnen Personen, sondern vielmehr um die Organisation und ihre Leiter. Der Einzelne hat in der Masse unterzugehen. Nicht seine Bedürfnisse und sein individueller Zeitplan sind wichtig, sondern es hat alles zur Ehre der Leiter und nach ihrem Zeitplan zu geschehen. Die Taufe anlässlich des Geburtstags des Leiters erinnert fatal an das Problem, das Apostel Paulus in 1.Kor. 1,14.15 ansprach: „Ich danke Gott, dass ich niemanden unter euch getauft habe außer Krispus und Gajus, damit nicht jemand sagen kann, ihr wäret auf meinen Namen getauft.“ Was für einen völlig anderen Geist findet man bei dem Apostel im Vergleich mit UBF-Leitern! Wir haben hier offenbar wieder genau das oben genannte Problem, dass Leiter sich Taufen als ihren eigenen Verdienst zurechnen, und umgekehrt Mitglieder an diese Leiter als besondere Autoritäten gebunden werden. Weiterhin fallen die merkwürdigen Taufvoraussetzungen auf, die Buße und Glauben nicht einmal erwähnen und den Eindruck erwecken, es ginge bei der Taufe im wesentlichen darum, eine „Prüfung“ zu bestehen. Eine klare Tauflehre fehlt weiterhin in UBF, und weiterhin entscheiden allein die Willkür und persönlichen Vorlieben einzelner Leiter, ob, wann und wie Mitglieder getauft werden. Man findet es in Chicago auch nicht einmal erstaunlich, dass man 40 Jahre lang nicht taufte, und es nun ohne eine Erklärung auf einmal tut. Während Samuel Lee sich offenbar aus Verachtung bewusst von den Kirchen abgrenzen wollte, und dafür sorgte, dass kirchliche Symbole, Liturgie und Sakramente in UBF nicht verwendet wurden (ganz ähnlich übrigens dem Gründer der Zeugen Jehovas), möchte Sarah Barry womöglich nun wieder den Eindruck erwecken, eine ganz normale Kirche zu sein. Lange Jahre hängten die Missionare von UBF Heidelberg, jedes Mal wenn sie eine Bibelkonferenz in einem christlichen Freizeitheim machten, das große Holzkreuz von der Stirnseite ab und stellte es während der Konferenz in eine Abstellkammer. Stattdessen wurde in großen bunten Buchstaben das Motto der Konferenz angeklebt, z.B. „Du sollst ein Segen sein.“ Es wäre interessant zu wissen, ob sich diese Praxis nun auch geändert hat. Ungewollt begingen sie eine äußerst symbolische Handlung, die den Geist von UBF sehr genau kennzeichnet.

Zum Schluss möchte ich noch einen anderen negativen Aspekt und eine fatale Auswirkung des Praxis der „Jüngererziehung“ in UBF erwähnen. Diese Praxis teilt die Geschwister in der Gemeinde in zwei Kategorien, die „Erziehenden“ (Bibellehrer, Hirten) und die „Erziehungsobjekte“ (Bibelschüler, Schafe). Dies ist nicht nur aus den bereits erwähnten Gründen (Hörigkeit der Schafe, Stolz der Hirten) schlecht, sondern auch aus dem Grund, weil sich der Erziehende damit in eine Position stellt, wo er meint, schon erzogen zu sein und hört von Stund an auf zu lernen, außer von einem noch höheren in der UBF-Hierarchie. Er kann niemals von den „Schafen“ lernen, mit denen er Bibelstudium macht, und von ihnen Ermahnungen bekommen, denn der „Schüler“ darf nie über dem „Meister“ stehen, weil dies die Autorität des Hirten untergraben würde. (Am Rande bemerkt: Das Wort „Freundschaft“ im Namen von UBF suggeriert, dass man solche in UBF finden kann. In Wirklichkeit sind aber alle Beziehungen in UBF immer mit einem hierarchischen Gefälle behaftet und echte Freundschaften, in denen man offen miteinander reden kann, existieren so gut wie nicht. Besonders nach einem Ausstieg wird dies deutlich.) In UBF lernt man auch nicht von anderen Gemeinden, besucht keine Seminare oder Vorträge, und liest kaum christliche Bücher, außer vielleicht einige wenige Büchern, die vom Leiter empfohlen werden, und die Themen behandeln, die nicht die Problematik von UBF berühren oder ihre Lehren sogar zu unterstützen scheinen. UBF-Mitgliedern wird nicht nur davon abgeraten, weil es im Vergleich zur „harten Arbeit“ der Mission in UBF ungeistlich sei, sondern sie werden auch mit einem Programm belastet, das ihre Zeit jede Woche vollständig ausfüllt und ihnen keine Zeit lässt für andere Aktivitäten, die ihnen helfen könnten, zu lernen und an geistlicher Reife zuzunehmen. Stattdessen braten die Mitglieder jede Woche im eigenen Saft und werden immer eingeschränkter in ihrer Denkweise. Gemeindeleiter werden zwar ihrerseits auch als Untergebene des jeweiligen nationalen Leiters angesehen, aber in der Tat werden sie kaum noch „erzogen“ und der oberste Leiter hat natürlich gar keinen „Erzieher“ mehr. Die aus Korea neu angekommenen „Missionare,“ deren „Missionstraining“ lediglich darin bestand, ihren Gehorsam zu testen und einige Wochen lang noch mehr „Stellungnahmen“ als üblich zu schreiben, sind von Anfang an auf ihre Stellung als „Missionar“ sehr stolz und denken, sie seien allen Deutschen geistlich weit überlegen, obwohl sie selbst die Bibel kaum kennen und geistlich wachsen müssen. Einige geben zwar vor, dass sie geistlich wachsen wollen, doch wer sich „Missionar“ nennt und ständig andere lehrt und erzieht, spricht in der Praxis eine andere Sprache. Man macht auch die Studenten, die gerade erst zum Glauben gekommen sind, schnell zu „Kreisleitern“, „Hirten“ und „Bibellehrern“, obwohl sie noch geistlich unreif sind und die Bibel kaum kennen (Paulus warnte vor solch einer Praxis in 1.Tim 3,6; 5,22). Themen wie „Seelsorge“ werden gar nicht erst angesprochen. So kommen Mitglieder schnell in eine Lage, in der sie stolz werden und sich nicht mehr lehren lassen. Man denkt, dass man alles schon weiß, insbesondere, auf welche Weise Mission durchgeführt werden muss. Bereits Jesus stieß auf das Problem, dass sich die jüdischen „Schriftgelehrten“ selbst als unbelehrbar erwiesen. Paulus schrieb über das grundsätzliche Problem solch einer Einstellung im Römerbrief: „Wenn du dich aber Jude nennst und verlässt dich aufs Gesetz und rühmst dich Gottes und kennst seinen Willen und prüfst, weil du aus dem Gesetz unterrichtet bist, was das Beste zu tun sei, und maßt dir an, ein Leiter der Blinden zu sein, ein Licht derer, die in Finsternis sind, ein Erzieher der Unverständigen, ein Lehrer der Unmündigen, weil du im Gesetz die Richtschnur der Erkenntnis und Wahrheit hast –: Du lehrst nun andere, und lehrst dich selber nicht? Du predigst, man solle nicht stehlen, und du stiehlst?“ (Röm 2,17-21). Eine solche Einstellung wird aber keineswegs nur bei den Juden beanstandet, sondern generell, und insbesondere auch bei einer späteren christlichen Gemeinde: „Du sprichst: Ich bin reich und habe genug und brauche nichts! und weißt nicht, dass du elend und jämmerlich bist, arm, blind und bloß“ (Offb 3,17).

Diese Haltung hat sich insbesondere wieder bei der Reformbewegung gezeigt, die hauptsächlich von langjährigen UBF-Leitern aus Korea angetrieben wurde. Sie haben zwar einige extreme Auswüchse in UBF wahrgenommen und wollten sie ändern, aber ihre „Reformen“ scheinen mir immer nur auf die Symptome ausgerichtet zu sein, und in jeder Hinsicht inkonsequent und kompromissbehaftet. Samuel Lee hatte nicht ganz unrecht, wenn er sagte, dass die „Reformbewegung“ ein „politisches Spiel“ sei. (Nichtsdestotrotz war natürlich er derjenige, der solche Leute wie er selbst „erzogen“ hat, die nicht in der Lage sind, aufgrund der Wahrheit und biblischer Normen klare und ehrliche Entscheidungen zu treffen, sondern versuchen, „Gesicht zu wahren“ und den Menschen zu gefallen.) Die Leiter in der Reformbewegung haben sich nicht bemüht, die wahren Probleme und Ursachen der Missstände herauszufinden. Ihre grundlegenden Lehren wie die der „Jüngererziehung“ wollen sie niemals diskutieren oder in Frage stellen. Man spricht sich immer noch mit dem Titel „Hirte“ und „Missionar“ an. Auf den diversen Reformkonferenzen gab es niemals Seminare oder Workshops zu Themen, die wirklich diese grundlegenden Probleme der UBF behandelten (außer einem kurzen Workshop, den ich selber angeboten habe, den aber die entscheidenden Leute gar nicht besucht haben). Zu der obigen Analyse, die ich fast zwei Jahre lang im Internet veröffentlicht habe, habe ich zu meiner großen Enttäuschung niemals ein Feedback erhalten, auch nicht von den sogenannten „Reformern“. Wie gesagt hat eine Diskussion, wie ich sie für notwendig hielt und sie mir gewünscht hatte, nie stattgefunden, insbesondere nicht mit den „gewöhnlichen Mitgliedern“, sondern es gab nur einige „Leitertreffen“ hinter verschlossenen Türen, auf denen aber nie etwas wesentliches beschlossen wurde. Auch andere Prinzipien der UBF, wie die Ein-Mann-Leiterschaft, die arrangierten Heiraten, die Hierarchie von Leitern und Gemeinden, die Praxis des Zehntengebens usw. wurden nicht diskutiert. Dies beweist wiederum nur, wie gefährlich das Konzept der „Jüngererziehung“ ist, weil die Leute, die jahrelang in der Position des Lehrers und Erziehers waren, kaum noch korrigierbar sind. Sie sind weder bereit, frühere Fehler einzugestehen und Buße zu tun (es gibt immer noch keine öffentliches Schuldeingeständnis der „Reformer,“ die früher die gleichen UBF-Methoden angewendet haben), noch bereit, die eigentlichen Kernprobleme zu diskutieren, Kritik wie die obige anzunehmen, die eigene Praxis anhand der Bibel in Frage zu stellen und neue Konzepte zu entwerfen, sondern die frühere Praxis wird weiter als eine nicht hinterfragbare Prämisse angesehen. Die koreanischen Mitglieder, vor allem die älteren, scheinen zudem in einer konfuzianistisch geprägten Denkweise befangen zu sein, nach der es nicht so sehr auf Wahrheit, Richtigkeit oder Gerechtigkeit ankommt, sondern auf äußerliche Harmonie, Einheit und darauf, „das Gesicht zu wahren“, weswegen sie zu Diplomatie und Kompromisslösungen neigen und es sorgsam vermeiden, die eigentlichen Probleme, vor allem die eigenen, anzusprechen. Die meisten deutschen oder amerikanischen UBF-Mitglieder, die ihre Hoffnung einmal auf eine „Reform-UBF“ gesetzt hatten, haben aufgrund dieser Unbelehrbarkeit und mangelnden Bereitschaft zur Buße und Änderung nicht nur UBF, sondern auch Reform-UBF verlassen. Soweit ich es inzwischen sehe, wird die einzige wirkliche Änderung bei „Reform-UBF“ die Namensänderung sein. Es mag sein, dass sich in UBF oder Reform-UBF/CMI doch noch etwas tun wird, aber nach all meinen enttäuschenden Erfahrungen glaube ich persönlich nicht mehr daran, und werde keine Energie mehr in irgendwelche Reformversuche dieses festgefahrenen und gescheiterten Systems investieren, sondern mich anderswo engagieren. Diese Erfahrung war wieder einmal sehr traurig, enttäuschend und bitter für mich, aber es scheint die einzig vernünftige Lösung zu sein. Es gibt genügend gesunde Gemeinden und christliche Studentenbewegungen, denen man sich anschließen kann. Ich hoffe und bete dennoch weiter, dass noch möglichst viele Mitglieder von UBF und Reform-UBF/CMI erkennen, auf welch einen problematischen Irrweg sie geraten sind, und von diesem falschen Weg konsequent umkehren, und wünsche ihnen dafür alles Gute.

Quelle: https://web.archive.org/web/20041227015549/http://ubf-info.de:80/ubf/wm.htm