Ein weiterer ausführlicher Artikel aus dem Bonner General-Anzeiger,
der wahrscheinlich ebenfalls noch aus den 1980er Jahren stammt:

Oft beginnt es mit einer Einladung zum Tee

University Bible Fellowship umwirbt besonders Studenten in Krisensituationen – Studentenwerk warnt

Vereinsamte, unsichere Erstsemester, von Prüfungsängsten geplagte Examenskandidaten, Studierende in schwierigen Lebenssituationen: Sie scheinen besonders empfänglich für das Anliegen der University Bible Fellowship (UBF) zu sein. Besonders vor den Mensen und Cafeterien der Universität und dem Juridicum [einem Gebäude der Universität Bonn] versuchen die Mitglieder der UBF – eine Organisation „in der Grauzone zwischen Sekte und Kirche“ –, „Schafe“ zu gewinnen.

Die Definition der Gruppierung stammt von Pfarrer Joachim Keden, Beauftragter für Sekten und Weltanschauungsfragen der Evangelischen Kirche im Rheinland. Sie wirbt in jüngster Zeit wieder verstärkt an der Hochschule. „Junge Menschen in Krisensituationen oder mit depressiver Neigung sind vor allem gefährdet“, warnt Keden vor der „zwielichtigen Mission“ der UBF, die nach eigener Aussage die Hochschulevangelisation als Ziel verfolgt.

Den Leuten werde Geborgenheit, Verständnis, Herzlichkeit und Sicherheit versprochen, aber in Wirklichkeit versuche die UBF, ihre Mitglieder in eine extrem fundamentalistisch-christliche Richtung zu lenken und sie einer rigiden Moral zu unterwerfen, so Keden. Sie werte die Menschen, die nicht dazugehören, ab. Die bisherige Lebensführung der Mitglieder sehe sie als schuldbeladen an. „Es werden eine Pseudo-Sicherheit, ein Pseudo-Leben und eine Pseudo-Persönlichkeit durch den übermächtigen Gruppenzwang und die immer stärkere Abwendung von Familie, Freunden und ursprünglichen Zielen aufgebaut“, sagen Studenten, die für kurze Zeit aus Neugier bei UBF waren.

Was der Sektenbeauftragte als „Gefahr für die Entwicklung der Psyche und die Persönlichkeit“ sieht, hat eine Bonner Studentin bei einem befreundeten Kommilitonen beobachtet. Seit er die Veranstaltungen von UBF besuche, habe er den Kontakt zu seinen Freunden und seinen Eltern immer weiter eingeschränkt. „Ständig versuchte er, mich zu missionieren. Was mich sehr erschreckt war, dass er sich so völlig verändert hat“, erzählt die junge Frau. Allein schaffe sie es aber nicht, den Freund aus der Gruppe herauszuholen.

Von Abkapselung und verändertem Wesen berichten zahlreiche Ehemalige und ihre Angehörigen. „Du musst wie ein stummes Schaf sein und blind folgen“, beschreibt ein früheres Mitglied die Atmosphäre und Arbeitsweise der UBF. Bonner Studierende bestätigen dies: „Beim Bibelstudium kamen wir uns vor wie im Kindergarten.“ Die Auslegung der ausgewählten Bibelstellen wurde vorgegeben. Diskussion oder Kritik wurde nicht zugelassen: „Es gab eine feste Sprachregelung, alles wirkte wie automatisch und sehr steif.“ Jegliche Aussage zu den biblischen Texten sei vorgegeben, schriftlich fixiert, nichts werde dem Zufall überlassen, haben die Studenten festgestellt. „Die picken sich einzelne Sachen aus der Bibel heraus, ohne den Zusammenhang zu sehen.“

Joachim Keden spricht von einem „vereinfachten radikalen Biblizismus“, der die Texte der Bibel in einem „blinden Automatismus“ in die heutige Zeit überträgt. Die UBF-Anhänger gingen davon aus, dass jedes Wort der Bibel von Gott in die Feder der Menschen gegeben sei, und dadurch eine zeit- und situationsunabhängige absolute Autorität erhielte. [Anmerkung eines ehemaligen Mitglieds: Dies muss etwas relativiert werden. In UBF wird eigentlich den Leitern absolute Autorität eingeräumt, und die Bibel spielt nur eine untergeordnete Rolle. Auch Christen, die ein engeres Verständnis von der göttlichen Inspiration der Bibel haben, würden mit den Lehren und vor allem den Praktiken von UBF nicht übereinstimmen, da sie sich nicht mit der Bibel rechtfertigen lassen, unabhängig davon, ob und wie weit man sie als Gottes Wort ansieht oder nicht.]

Was mit einer scheinbar zwanglosen Einladung zur Tasse Tee, zum Bibelstudium oder zum Gottesdienst im Flachbau an der Meckenheimer Allee [dem UBF-Zentrum in Bonn] beginnt, führt oft zum sogenannten „1:1 Bibelstudium“ [auch „Zweierbibelstudium“ genannt]. Der Neugeworbene wird zum „Schaf“, das von einem „Hirten“ sehr intensiv nach starren Schemata in einzelnen Textstellen der Schrift unterwiesen wird. Der „Hirte“ erhalte durch dieses „Shepherding“ die Stellung eines persönlichen Führers, der die einzig wahre Gotteserkenntnis vermittle, erklärt Keden.

Ein weiteres Merkmal sind die „Sogams“[auch „Stellungnahmen“ genannt]. In dieser Art persönlicher Bußpredigt müssen die „Schafe“ beispielsweise in Gottesdiensten [oder in wöchentlichen „Stellungnahme-Vortragstunden“ oder vor ihrem „Hirten“]Schuldbekenntnisse ablegen [zum Beispiel, das Bekenntnis, zu wenig missioniert zu haben]. Diese entstünden oft unter starkem psychischen Druck, weiß Keden aus seiner langjährigen Beschäftigung mit der UBF. Darüber hinaus berge das Shepherding mit Sogamschreiben die große Gefahr des Abhängigwerdens vom persönlichen „Hirten“.

Das zunehmende Werben der UBF bekamen die Bewohner Bonner Studentenheime vor einiger Zeit zu spüren. Dort versuchten Werber unnachgiebig mit den Studierenden ins Gespräch zu kommen, wobei sie sich im Einzelfall nicht scheuten, den Fuß in die Tür zu setzen. Als Antwort erteilte das Studentenwerk Bonn einem UBF-Mitglied Hausverbot. Darüber hinaus informierte es und warnte mit Aushängen vor der Gruppe.

Die UBF hat ihre Wurzeln in Südkorea und wird stark von Koreanern geprägt. Sie arbeitet weltweit, ihr Zentrum befindet sich in Chicago, die europäische Zentrale ist in Köln. In Deutschland gibt es schätzungsweise zehn Zentren. Weitere Informationen gibt der Bonner Arbeitskreis „Sekten, Okkultismus, New Age“ im Evangelischen Jugendbüro, Adenauerallee 37, Tel. 26798-56/54. Der Arbeitskreis trifft sich montags von 18 bis 21 Uhr. Auch die Evangelische Landeskirche kann weiterhelfen: Volksmissionarisches Amt, Düsseldorf, Tel. 0211/3610-246.

Quelle: https://web.archive.org/web/20041013175601/http://www.ubf-info.de:80/ext/ga198508.htm