Erfahrungen mit der University Bible Fellowship (UBF)
Persönlicher Bericht einer Mutter

Der »Materialdienst« hat bereits 1989 (S. 275ff) ausführlich über die UBF berichtet. In dem Buch »Sogenannte Jugendsekten und die okkulte Welle« (vgl. MD 1989, S. 233ff) hat der Herausgeber, Pfarrer Joachim Keden, aus einer Reihe von Betroffenenberichten zitiert, die indessen ein problematischeres Bild dieser Gruppe vermitteln. Der nachfolgend dokumentierte Bericht einer Mutter, die den Weg ihrer Tochter in die UBF und deren Ausstieg verfolgte, wird im Informationsteil ergänzt durch eine Stellungnahme von Pfarrer Keden (s. u. S. 252f). Aus den persönlichen Notizen der Mutter wird deutlich, welche Bemühungen sie unternommen hat, sich zu informieren, sich zu einem Urteil über die Gruppe durchzuringen und zu versuchen, ihrer Tochter bei der Loslösung aus dieser fundamentalistischen Gruppe zu helfen.

Unsere Tochter, Studentin, war aufgrund einer Begegnung mit einer Freundin mit der UBF in Kontakt gekommen und war längere Zeit Anhängerin der UBF-Gruppe in Köln.

Ich möchte unsere Tochter kurz vorstellen: Als Kind zum Glauben gekommen, war sie seitdem in der christlichen Jugendarbeit aktiv. Zu Hause hatte sie Kontakt zur Evang. Stadtmission. Während ihres Studiums ging sie mit Freunden zu »Campus für Christus«. Auf einer Sommerfreizeit bei „Campus“ lernte sie eine Studentin kennen. Diese berichtete ihr von einer koreanischen Christengruppe, die sich »University Bible Fellowship / UBF« nannte. Unsere Tochter ließ sich einladen, mit zum Gruppentreff zu kommen.

Diese Koreaner erschienen mir aufgrund der Berichte als liebe Leute. Unsere Tochter war begeistert von der dort erlebten Gastfreundschaft, von der persönlichen Zuwendung und von der Art und Weise, wie in der Gruppe die Bibel gelesen wurde. Sie begann ein Zweierbibelstudium mit der Freundin aus der UBF und später mit einem Koreaner in Köln. Sie war total fasziniert von der Aussicht, das Christsein in dieser Gruppe leben zu können.

Unsere Tochter berichtete mir früher sowohl von „Campus“ als auch später von UBF. Sie lud mich wiederholt ein, zu den Veranstaltungen mitzukommen. Aber als Mutter einer erwachsenen Tochter war ich überzeugt, daß ich sie unbedenklich ihren eigenen Weg gehen lassen sollte.

Da ich noch nie etwas mit Sekten zu tun hatte, wurde ich erst skeptisch, als unsere Tochter sagte: „Meine Freundin studiert nun in Köln weiter. UBF ist ihre Gemeinde, bei der sie nun ganz leben möchte.“ Dieses Mädchen wohnte von da an bei einer koreanischen Familie in Köln, die der UBF angehörte. Unsere Tochter wollte nun auch nach Köln.

In dieser Zeit beobachtete ich an ihr eine psychische Veränderung, die sich darin zeigte, daß sie den Kontakt zu uns Eltern plötzlich einschränkte, sehr nervös, unruhig und gereizt wirkte. Sie sah schlecht aus und sprach nur noch von der Bibel, von UBF und von der Mission der Welt. Als sie sich entschlossen hatte, nach Köln zur UBF zu gehen, bat ich sie, einmal mitkommen zu dürfen. Sie willigte ein, und so fuhr ich an einem Sonntag mit und lernte die UBF-Gruppe kennen. Zu meinem Erstaunen wich ein Koreaner an diesem Tag von morgens bis abends nicht mehr von meiner Seite. Ich hatte das Gefühl, „beschattet“ zu werden. Der Vorteil dieser „Beschattung“ war, daß der junge Mann meinte, mich unterhalten zu müssen. Er erzählte mir von den Stationen seines Lebens, von seiner Aufgabe als Missionar bei UBF und von seinem Studium, das nur notwendig sei, weil er als Koreaner keine Aufenthaltsgenehmigung und keine Arbeit in Deutschland bekommen würde. Er hatte in Korea eine abgeschlossene Berufsausbildung absolviert. Aber als Missionar von UBF konnte er hier in der Bundesrepublik nur als Student leben. Er erzählte von den Verheiratungen innerhalb der Gruppe und von seiner eigenen Verheiratung mit einem Gruppen-Mitglied.

Ich wurde jeweils bei einer anderen Studenten-Familie mittags und abends festlich bewirtet. Die Gastfreundschaft war auch für mich zunächst überwältigend. Allerdings erfuhr ich bald, daß die Bewirtung zum Programm bei UBF gehörte. Sie bewirten die Gäste wie „Königskinder“. Mein ständiger Begleiter erzählte mir auch, wie es in einer Familie um die eigenen Kinder steht. Diese Eltern hatten eines ihrer Kinder bei Pflegeeltern in Deutschland und eines ihrer Kinder in Korea bei der Großmutter untergebracht, weil sie selber für die Mission bei UBF zur Verfügung stehen müßten. Bei der anderen Familie lebte in der engen, kleinen Wohnung noch zusätzlich eine weitere Studentin im Kinderzimmer dieser Familie. Soweit ich unterrichtet bin, wohnt sie auch heute noch dort.

Schlagartig erinnerte ich mich in diesem Zusammenhang an ein Buch von einer ehemaligen Zeugin Jehovas. Das Buch hatte diese Frau geschrieben, als sie die Sekte wieder verlassen hatte, um andere zu warnen und davor zu bewahren, sich ihr anzuschließen.

Ich besuchte auch den Gottesdienst der UBF-Gruppe am Sonntagnachmittag und stellte fest, daß neben einigen jungen Deutschen nur junge Koreaner um mich herum saßen. Die Predigt von Abraham Lee und die Gebete seiner Helfer irritierten mich sehr. Die primitive Wortsetzung und der oberflächliche Gedankengang berührten mich merkwürdig. Ich kam mir vor, als wenn man mich auf den Arm nehmen wollte. Der Gottesdienst war ansonsten mit viel Gesang gestaltet. Als Mitwirkende beteiligten sich UBF-Mitglieder, die als „Hirten“, „Schafe“ und „Gebetsdiener“ vorgestellt wurden. Nach meinem Empfinden waren die Beiträge auf ein besonderes Gefühlserleben ausgerichtet. Nach dem Gottesdienst gab es in kleinen Kreisen Nachbesprechungen und auch eine Art Fortsetzung des Gottesdienstes in Gebetsform. Die einzelnen Gottesdienst-Teilnehmer hatten sich schon während der Predigt Notizen gemacht. Nach meiner Beobachtung war diese Nachbesprechung lediglich ein Abfragen der Gedanken, die sich einzelne gemacht hatten, und stellte den Versuch dar, eine zusätzliche Ausrichtung der einzelnen zu bewirken, um die Gedanken der Predigt durch Lob und Tadel auf die gewünschten Ziele dieser Sekte hin zu orientieren. Ich bin heute noch überzeugt, daß die anwesenden jungen Menschen diese geschickte Manipulation überhaupt nicht durchschauten.

Die persönliche Zuwendung, die UBF-Interessierte durch das Eins-zu-Eins-Bibelstudium erhalten, setzt sich nach meiner Meinung im Gottesdienst fort, so daß bei UBF keiner ohne Ansprache bleibt. In dieser Gruppe lebt niemand anonym. Man kennt sich mit Namen und spricht sich mit vertrauensvollem „Du“ an. Ich kann nachempfinden, daß diese sehr persönliche Atmosphäre bei jungen Menschen, die an den Universitäten oft unter Kontaktarmut leiden oder sich selber als kontaktarm empfinden, spontane Begeisterung auslöst. Ich meine auch, daß unsere Kirchen in diesem Bereich etwas von UBF lernen könnten.

Doch die Beobachtungen während des Gottesdienstes, das Gespräch mit den Koreanern, die Erlebnisse in den UBF-Familien und die Veränderungen im Verhalten unserer Tochter machten mich mißtrauisch und förderten den Gedanken, daß bei UBF etwas nicht stimmen konnte.

Wieder zu Hause angelangt, versuchte ich Gesprächspartner zu finden, um etwas über UBF zu erfahren. Ich ging zum Stadtmissionar, telefonierte mit „Campus“ und wurde von dort weitergereicht zu »Idea« in Wetzlar. Ich bekam schließlich Adressen von der »Ev. Studentenmission« in Marburg und einige Stichworte, die mich wachrüttelten: Gehirnwäsche, Persönlichkeitsveränderung, seelische Beeinflussung… Ich erschrak bis ins Innerste. Jetzt rief ich bei Freunden und Bekannten an und bat um Hilfe. Endlich erfuhr ich etwas von Beauftragten der Kirchen für Sekten- und Weltanschauungsfragen. Ich erhielt sogar die Adresse eines ehemaligen Mitglieds und erfuhr genaue Details über die Praktiken von UBF. Interessant waren auch die Informationen der übrigen Sektenbeauftragten. Einer half mir erst nach wiederholten Aufforderungen weiter; andere entmutigten mich. Dies alles war frustrierend. Aber dann erhielt ich schließlich schriftliche Unterlagen, aus denen meines Erachtens deutlich hervorging, daß UBF den Sekten zuzurechnen sei. Nach hartnäckiger Suche und langen Telefonaten quer durch Deutschland, vielen Gesprächen mit lieben, hilfsbereiten Menschen, blickte ich endlich durch das Wirrwarr von Informationen: Für mich ist UBF eine Sekte.

Diese Gruppe scheint mir auf unsere gläubige Jugend an den Universitäten „angesetzt“. Diese junge Generation, die sich im suchenden Alter befindet, ist offen für alles Neue und für viele Ideale. Heutzutage sehen sich viele junge Menschen vielem Schwindel, Unglaubwürdigem in Staat und Politik gegenüber. Manche sind auch resigniert und hegen nur noch negative Gedanken in bezug auf ihr eigenes Leben. Diese suchenden Menschen sind der ideale Ansprechpartner für Sekten, die sie, wie ehedem „der Rattenfänger von Hameln“, für ihre zwielichtigen Missionen gewinnen wollen. Die Gefährlichkeit der UBF liegt meiner Meinung nach in einer beabsichtigten Psychomutation. Sie wird erreicht über eine Gehirnwäsche-Methode, die über das Zweier-Bibelstudium, über die Praxis des Sogam-Gebens [s. u. S. 252f], das Schreiben von Lebensberichten und Lebensbeichten und der Umerziehung durch Lob und Tadel ausgeübt wird. Es findet nach meinem Einblick auch eine gezielte Kontrolle von Mann zu Mann oder von Frau zu Frau statt, die über Telefonate, Briefe und Besuche abgewickelt wird. Den Berichten meiner Tochter entnehme ich, daß es auch psychologisch durchdachte Schulungen an Wochenenden gibt, die auf eine massive Beeinflussung hinauslaufen. Dies erscheint mir fast wie ein Versuch, bei den Teilnehmern eine geistige und geistliche Entmündigung zu betreiben.

Ich erschrak über die meines Erachtens falsche Einschätzung von UBF bei vielen offiziellen Stellen… Ich kann verstehen, daß bei oberflächlicher Begegnung die UBF-Mitglieder zunächst einen guten Eindruck von ihrer Gruppe hinterlassen. Doch bei intensiver Beschäftigung mit dem Material, das von der UBF herausgegeben wird, mit den Praktiken dieser Gruppe und den Berichten von Betroffenen entsteht ein ganz anderes Bild.

Unsere Tochter hat mit Hilfe vieler Menschen (Professoren, Doktoren, Freunden, Freundinnen, ehemaligem Religionslehrer, Beauftragten für Sektenfragen und deren Materialien, Stadtmissionar, vielen Betern und vielen zufälligen Helfern) aus dieser Gruppe wieder herausgefunden. Wir sehen darin Gottes Führung und Gnade. Wir sind dafür dankbar.

Wir sehen jedoch andere Eltern, deren erwachsene Kinder nicht herausfinden. Diese Menschen brauchen dringend Hilfe. Es geht auch darum, andere junge Menschen vor dem Schritt in diese Gruppe zu bewahren. Aus diesem Grunde habe ich diesen Bericht geschrieben…

Eine Mutter

Quelle: https://web.archive.org/web/20071020174321fw_/http://www.ubf-info.de/ext/mdezw1991.htm